Mit der Saison 2017 feiert die Motorsport-Arena Oschersleben ihr 20jähriges Bestehen und das ADAC-GT-Masters-Wochenende läutete die Jubiläumssaison in der Magdeburger Börde gebührend ein. Neben den 150. Rennen des ADAC GT Masters, deren erster Lauf sich in den kommenden Wochen zum zehnten Mal jährt, war es besonders die ADAC TCR Germany, welche die Herzen der Zuschauer höher schlagen ließ. Ein Rekordteilnehmerfeld von 44 Fahrzeugen startete in die zweite Saison des deutschen Ablegers der international auf dem Vormarsch befindlichen, seriennahen 2-Liter-Turbo-Formel für Tourenwagen.
ADAC GT Masters
Die erste Pole-Position des Jahres ging an das Team75 von Timo Bernhard. Der Franzose Mathieu Jaminet war um 65 Tausendstelsekunden schneller als Porsche-Markenkollege Klaus Bachler im von Schütz-Motorsport eingesetzten 911er. In Reihe zwei qualifizierten sich Jules Gounon (Chevrolet Corvette) und Markus Pommer (Audi R8), erst auf Position fünf folgte der amtierende Meister Connor de Phillippi im Audi R8 von Land-Motorsport.
Beim fliegenden Start am Samstagmittag konnte Jaminet seine Führung nicht umsetzen und wurde bis auf die dritte Position durchgereicht. Den Aust-Audi von Markus Pommer konnte schnappte sich der Porsche-Pilot schon in der zweiten Runde, bevor die erste von zwei aufeinander folgenden Safety-Car-Phasen den Vorwärtsdrang des Franzosen stoppte. Zweitere wurde durch die gestrandete Callaway-Corvette von Jules Gounon ausgelöst. Dem Sohn von Ex-Grand-Grand-Prix-Pilot Jean-Marc Gounon war zuvor von Connor de Phillippi bei einer unsanften Berührung der Reifen beschädigt worden.
Jaminet suchte als Erster des Spitzenduos die Box auf und übergab den Porsche 911 an Michael Ammermüller. Eine Runde später wechselte auch Bachler auf seinen Teamkollegen, doch Alex MacDowall würgte den Sechszylinder-Heckmotor beim Anfahren ab. Wertvolle Sekunden vergingen, bevor der Brite schließlich wieder auf die Strecke gehen konnte. Es waren genug um die Führung an den Team75-Porsche von Jaminet/Ammermüller zu verlieren. Michael Ammermüller machte in der Folge dort weiter, wo Mathieu Jaminet aufgehört hatte, er brannte schnelle Zeiten in den Asphalt der Motorsport-Arena und baute den Vorsprung auf über fünf Sekunden aus. Auch eine weitere Safety-Car-Phase kurz vor Ende des Rennens brachte Ammermüller nicht aus dem Konzept. Den dritten Platz hinter Bachler/MacDowall belegten Connor de Phillippi und Christopher Mies im Land-Audi.
Die am Vortag so erfolgreichen Porsche und Audi wurden am Sonntag mit Platzierungsgewichten bedacht und prompt war es der einzige BMW im Feld, der von Schnitzer eingesetzte M6 mit Philipp Eng am Steuer, der sich die Pole-Position am Sonntagmorgen sicherte. Sven Müller stellte den Herberth-Porsche auf den zweiten Startplatz, Daniel Keilwitz qualifizierte sich, wie schon sein Teamkollege Jules Gounon am Vortag, mit der Callaway-Corvette als Dritter.
Eng behielt beim Start die Führung und setzte auch die schnellen Runden aus dem Qualifying fort. Seine Flucht nach vorn konnte auch eine Safety-Car-Phase nicht stoppen. Bereits nach fünf Minuten Rennzeit war Patrick Niederhauser mit seinem Aust-Audi im Kiesbett gestrandet und musste mit dem Radlader geborgen werden. Danach drehte Eng richtig auf und fuhr über sechs Sekunden Vorsprung auf Sven Müller heraus. Mit einem späten Stopp übergab der Österreicher an den jungen Ricky Collard aus dem BMW-Nachwuchskader. Zeitgleich suchten auch die Zweit- und Drittplatzierten Müller und Keilwitz die Box auf. Bei Herberth-Motorsport ging man in Sachen Mindeststandzeit auf Nummer sicher und hielt Robert Renauer etwas zu lange an der Box. Die Callaway-Mannschaft schickte Jules Gounon etwas früher wieder auf die Bahn und übernahm so den zweiten Platz.
Ein etwas ungestümes Manöver von Rookie Mike-David Ortmann, bei dem auch das Rennen der zweiten Callaway-Corvette mit Sven Barth am Steuer beendet wurde, rief erneut das Safety-Car auf den Plan. Der Vorsprung der Schnitzer-Mannschaft war somit dahin und Collard musste die Führungsposition für die letzten zehn Rennminuten verteidigen. Ein heftiger Abflug des Schweizers Remo Lips (Nissan GT-R) nach einem Fahrfehler ausgangs der Hasseröderkurve sorgte für einen weiteren Einsatz des Safety-Cars. Im Zielsprint über eine Runde behielt Ricky Collard einen kühlen Kopf und fuhr den ersten ADAC-GT-Masters-Sieg für BMW seit Zandvoort 2015 nach Hause. Jules Gounon erhielt in der letzten Runde keinen Möglichkeit für einen Angriff, Robert Renauer musste sich den Podestplatz gegen die Angriffe von Marco Mapelli im Lamborghini Huracán von HB-Racing erkämpfen.
Die Rennsieger vom Vortag, Mathieu Jaminet und Michael Ammermüller, konnten im zweiten Lauf nicht punkten. Ammermüller musste den 911er schon in der ersten Rennhälfte mit technischen Problemen an der Box parken. Einen kleinen Lichtblick gab es im Sonntagsrennen für den Leipziger Marvin Kirchhöfer. Der Ex-GP2-Pilot wechselte für 2017 zu den GT3-Sportwagen und beendete sein zweites Rennen im Mercedes AMG GT3 zusammen mit Teamkollege Indy Dontje auf dem sechsten Platz.
ADAC TCR Germany
44 Fahrzeuge, ein solch breites wie qualitativ hochwertiges Tourenwagenfeld hat die Motorsport-Arena Oschersleben zuletzt in ihren frühen Tagen vor der Jahrtausendwende gesehen, als sich junge Talente, Privatiers und Hobbyrennfahrer gleichermaßen in der Deutschen Tourenwagen Challenge (DTC) tummelten. Für den neuerlichen Boom der verhältnismäßig preiswerten Tourenwagenkategorie musste sogar das Qualifikationstraining in zwei Gruppen aufgeteilt werden.
Die erste Startreihe war mit dem Schweizer Kris Richard und Steve Kirsch fest in Honda-Hand. Erst hinter Sheldon van der Linde (Audi) folgte der Vorjahresmeister Josh Files (Honda). Doch wenige Meter nach dem Start hatte sich Files bereits auf die zweite Position nach vorn geschoben. Am Ende der ersten Runde hatte er dann wieder die aus dem letzten Jahr gewohnte Spitzenposition inne. Aus den immer dichter werdenden Wolken über der Motorsport-Arena fiel ein leichter Nieselregen, der Kris Richard wohl am meisten verunsicherte. Steve Kirsch und Sheldon van der Linde reichten den Eidgenossen bis auf die vierte Position durch.
Im Hinterfeld nahm das wilde Rodeo derweil mit diversen Ausritten seinen erwarteten Lauf. Der Abflug von Ronny Jost (SEAT) in die Mauer ausgangs der Shell-Esses rief dann schließlich das Safety-Car auf den Plan. In den verbleibenden zwanzig Rennminuten musste der Führungswagen noch zwei weitere Male ausrücken. Die Positionen an der Spitze blieben unverändert: Files, Kirsch und van der Linde teilten sich das Podest, bester Nachwuchspilot wurde Luca Engstler (VW) auf Gesamtrang 17.
Die ersten zehn des Zeittrainings haben sich für den zweiten Lauf in umgekehrter Reihenfolge aufzustellen, so sieht es das Reglement der ADAC TCR Germany vor. Engstler-Junior Florian Thoma (VW) nahm demzufolge die Pole-Position ein. Der junge Schweizer zeigte angesichts dieser Ausgangsposition keine Nervosität, legte einen perfekten Start hin und setzte sich auch gleich um einige Meter vom Verfolgerfeld ab. Unterdessen schob sich Josh Files von Startplatz sieben auf die dritte Position nach vorn. Für die Bergung des Audi RS3 LMS von Niels Langeveld musste das Feld mit dem Safety-Car eingefangen werden. Für Files war der Vorwärtsdrang auf dem dritten Platz zunächst beendet. Florian Thoma und Tim Zimmermann leisteten sich auf den Plätzen eins und zwei keine Fehler. Im Mittelfeld ging es zwischenzeitlich weiter hoch her. Dass der Tourenwagennachwuchs nicht nur im Cockpit Einsatz zeigt, bewies Moritz Oestreich kurz vor dem Ende des Rennens. Ein kapitaler Motorschaden am Fugel-Honda zwang Oestreich zu einem sehenswerten 100-Meter-Sprint samt Feuerlöscher. Ergebnis: Feuer erfolgreich gelöscht, Rennen ohne Punkte beendet. Die Podestplätze belegten Thoma, Zimmermann und Files, Oestreichs Teamkollege Steve Kirsch, der am Vortag noch mit Platz zwei glänzen konnte, beendete das Rennen auf dem zwölften Rang. Bester Rookie war wiederum Luca Engstler.
ADAC Formel 4
Nach dem Abgang der Nachwuchstalente Joey Mawson und Mick Schumacher in die Formel 3 sowie Mike David Ortmann in Richtung ADAC GT Masters, tritt 2017 eine neue Generation junger Rennfahrer nach vorn. Die Pole-Position für den ersten Wertungslauf sicherte sich Felipe Drugovich aus Brasilien vor dem Dänen Nicklas Nielsen. Auf Platz drei zeigte Sophia Flörsch eine starke Leistung, nach der technischen Kontrolle ihres Fahrzeuges wurden jedoch nicht regelkonforme Bremsscheiben festgestellt, woraufhin die einzige Frau im Feld in die vorletzte Startreihe versetzt wurde.
Dem Rennen seinen Stempel aufdrücken sollte jedoch ein anderer. Juri Vips aus Estland war nach der Rückversetzung von Flörsch aus der dritten Position gestartet und schob sich zunächst hinter Nielsen auf den zweiten Platz nach vorn. Als die Reifenhaftung nachließ, schnappte sich Vips den Dänen und fuhr dem verdienten Sieg entgegen. Der von der Pole Position gestartete Felipe Drugovich erwischte keinen guten Start und fiel noch hinter Jonathan Aberdein auf die vierte Position zurück. Für den Rest des 30minütigen Rennens biss sich der Brasilianer dann vergeblich die Zähne am Briten aus.
Beim Start zum zweiten Rennen zeigten einige Nachwuchspiloten zu viel Einsatz. Der Wagen von Michael Waldherr stand mitten auf der Strecke, so dass der Lauf sicherheitshalber mit der roten Flagge abgebrochen wurde. Der Neustart hinter dem Safety Car gelang dann ohne größere Probleme. Wieder war es Nicklas Nielsen, der dem Feld leicht davon fuhr. Ihm folgten Drugovich, der Schweizer Fabio Scherer und Vips. Das Führungsquartett rückte gegen Ende des Rennens immer näher zusammen. Wieder kämpfte Nielsen mit den abbauenden Reifen, positionierte seinen Wagen allerdings etwas cleverer und profitierte auch davon, dass sich seine Konkurrenten gegenseitig das Leben schwer machten. An der Reihenfolge Nielsen, Drugovich, Scherer und Vips sollte sich bis zur schwarz-weiß-karierten Flagge nichts mehr ändern.
Für die Startaufstellung des dritten Rennens des Wochenendes am Sonntagmittag wurden die ersten zehn Platzierungen des ersten Rennens umgedreht. Damit starteten Kami Laliberté und Marcus Armstrong aus der ersten Reihe. Zum Amüsement ihrer Verfolger bremsten sich die beiden bereits in der ersten Kurve gegenseitig aus und strandeten im Kiesbett. Die Mücke-Motorsport-Piloten Lirim Zendeli und Oliver Söderström übernahmen an der Spitze, mussten sich allerdings zunächst hinter dem Safety-Car einreihen. Auf der kurvenreichen Piste der Motorsport-Arena Oschersleben arbeiteten die Teamkollegen zusammen und stellten damit sicher, dass der drittplatzierte Jonathan Aberdein keinen Weg vorbei fand. Auch eine weitere Safety-Car-Phase brachte die beiden Nachwuchsfahrer vom ADAC Berlin-Brandenburg nicht aus dem Konzept, die Peter Mücke damit den ersten Doppelsieg der Saison bescherten.
In der Meisterschaft führt nach dem ersten Rennwochenende Juri Vips (47 Punkte) vor Nicklas Nielsen (45).
Ein ausführlicher gut zu lesender Bericht. Merci