Im Straßenrennsport gibt es nur wenige Auslaufzonen und kaum Raum für Fehler. Kein Netz, kein doppelter Boden und erst recht kein Dach über dem Kopf. Die zahlreichen Gäste von der britischen und irischen Insel durften sich am Rennsonntag wie zu Hause fühlen, denn von oben tropfte ein stetiger Nieselregen, der am Nachmittag sogar noch schlimmer wurde. Für den ausrichtenden MSC Frohburger Dreieck, der die Kosten für das Rennen allein mit Sponsoren-, Nenn- und Eintrittsgeldern stemmen muss, ist das ein finanzielles Risiko. Seit dem verregneten Wochenende 2010 hatte man Glück und konnte die Rennen zumeist bei strahlendem Sonnenschein abhalten. Doch die Rennsportfreunde hatten den Wetterbericht gelesen und so verzeichnete der Verein einen Zuschauerrekord am trockenen Samstag, an dem auch bereits drei Rennen ausgetragen wurden.
Wie man auch unter widrigen Bedingungen Straßenrennen veranstaltet, davon könnte Ehrengast Mervyn White ebenfalls ein Liedchen singen. Der Organisator und Rennleiter des internationalen North West 200 Straßenrennens in Nordirland schaute sich am Sonntag das Frohburger Rennen an und drehte auch eine Runde im Safety Car um den Kurs.
Nachdem im vergangenen Jahr beide IRRC-Titel beim Finale in Frohburg ausgefahren wurden, standen die Meister des Jahres 2018 schon fest. Mit Superbike-Meister Danny Webb (BMW) aus Großbritannien und Supersport-Champion Mathieu Lagrive (Yamaha) gingen beide Titel an das Team Penz13.com, die in diesem Jahr erstmals permanent in der IRRC an den Start gingen. Am Wochenende vor dem Frohburger Dreieckrennen fuhren die beiden IRRC-Meister zusammen mit dem Portugiesen Sheridan Morais auf der Penz13-Yamaha-R1 beim Bol d´Or 24-Stunden-Rennen auf den dritten Gesamtrang. Diesen Schwung wollte das Team mit zum traditionellen Straßenrennen in die Heimat nehmen und bot zusätzlich drei Wildcardfahrer in der Superbikeklasse auf. Davey Todd, der schnellste Newcomer bei der Isle of Man TT 2018 und Daley Mathison, Zweiter bei der diesjährigen TT Zero für Elektromotorräder gaben ihr Frohburg-Debüt, Derek Sheils durfte nach dem erfolgreichen Einsatz im vergangenen Jahr einmal mehr auf einer Penz13.com-BMW ins IRRC-Geschehen eingreifen.
IRRC Superbike
Keiner dominierte die große IRRC-Klasse in der Vergangenheit so, wie es der ehemalige Grand-Prix-Fahrer Danny Webb in diesem Jahr tat. Ungeschlagen kam der Brite nach Frohburg, wo er bereits im vergangenen Jahr das Finalrennen gewinnen konnte. In Hengelo, Terlicko, Imatra, Chimay und Horice konnte der Brite als Newcomer jeweils in beiden Rennen triumphieren. Allein um den zweiten Platz sollte es noch einmal spannend werden. Didier Grams kam mit drei Zählern Vorsprung auf den Finnen Erno Kostamo zum Heimrennen nach Frohburg. Die Entscheidung in diesem Duell fiel jedoch schon im Training, als Kostamo in der ersten Kurve beim Herausbeschleunigen aus dem Sattel flog und sich dabei zwei Finger verletzte. Doch der BMW-Pilot zog den Handschuh wieder über die schmerzende Hand und biss für den Rest des Wochenendes auf die Zähne. Dass die Finnen hart im Nehmen sind, bewies auch Kostamos Teamkollege Juha Kallio, der ebenfalls einen heftigen Abflug hinlegte, wenig später aber mit der rasch hergerichteten Ersatzmaschine und zerschlissener Kombi wieder in der Startaufstellung stand.
Das Training bestimmte Danny Webb, der sich mit über 0,5 Sekunden Vorsprung die Pole Position vor Didier Grams sicherte. Ihm folgten die Penz13.com-Fahrer Derek Sheils, Marek Cerveny und Davey Todd. Letzterer war in diesem Jahr der beste Newcomer bei der Tourist Trophy auf der Isle of Man und auch in Frohburg lernte er schnell.
Der Start des Rennens am Sonntagvormittag musste nach einem Zwischenfall in der Aufwärmrunde zunächst verschoben werden. Die schnelle Holländerin Nadieh Schoots traf auf einem der schnellsten Abschnitte der Strecke auf Fahrer, die nach ihrer Aussage langsam auf der Ideallinie fuhren, und touchierte einen der Nachzügler. Im nun auf acht Runden verkürzten Rennen bei Nieselregen fuhr Danny Webb allen auf und davon. Mit konstant schnellen Rundenzeiten setzte er sich schnell von Didier Grams und seinen Teamkollegen Sheils und Todd ab. Im Ziel hatte Webb 8,5 Sekunden Vorsprung auf die beiden, die den Limbach Oberfrohnaer in den letzten Runden noch vom Podest verwiesen. Todd zeigte hier schon seine Klasse, denn trotz feuchter Bedingungen auf der für ihn neuen Strecke drehte er auf dem Weg zum dritten Platz die schnellste Rennrunde.
Das Dutzend an Superbike-Rennsiegen in der Saison 2018 blieb Danny Webb verwehrt. Er wurde jedoch nicht von einem Konkurrenten oder einem technischen Problem besiegt, es war das Wetter, welches den zwölften Triumph verhinderte. Kurz vor dem Start ging ein starker Regenguss über dem Frohburger Dreieck nieder und Webb war einer der ersten, der sich aus der Startaufstellung zurückzog. Nach einer kurzen Besprechung folgten weitere Teilnehmer und schließlich die Entscheidung der Rennleitung das letzte Rennen des Tages abzusagen. Es war schlichtweg zu gefährlich mit den 200 PS starken Superbikes bei über 250 km/h Rad an Rad, Lenker an Lenker über die regennasse Bundesstraße zu fahren. Nach einem erfolgreichen Renntag trotz Regens und auch angesichts einer schweren Saison mit zahlreichen Unfällen in Nordirland und auf der Isle of Man, war es eine nachvollziehbare und richtige Entscheidung.
Um sich bei den Zuschauern, die stundenlang bei teilweise heftigem Regenwetter auf dem Feld ausharrten, gebührend zu verabschieden, drehten die Fahrer noch eine Ehrenrunde hinter dem Safety Car.
Punkte wurden durch die Absage des Rennens keine vergeben. Didier Grams sicherte sich so den Vizemeistertitel vor Erno Kostamo und Marek Cerveny, der den einzigen IRRC-Superbike-Wertungslauf in Frohburg auf Platz fünf beendete. BMW-Pilot David Datzer konnte den respektablen fünften Platz in der Endabrechnung gegen Jamie Coward verteidigen, der das Rennen in Chimay verletzungsbedingt auslassen musste.
Superbike Open
Auf trockenem Geläuf fand der erste Superbike-Open-Lauf am Samstagnachmittag statt. Didier Grams zeigte dem stark fahrenden Davey Todd wo es auf dem schnellen Straßendreieck im Süden Leipzigs langgeht. Der Brite drehte dabei in 1:33,917 die schnellste Rennrunde des Wochenendes, hatte aber dem Dachdecker aus Limbach-Oberfrohna im Zielspurt nichts mehr entgegenzusetzen. Grams feierte seinen Sieg in gewohnter Manier mit Feuerwerk und Showeinlage und erstmals auch mit Sohn Dario. Auf dem dritten Platz hatte der Tscheche Marek Cerveny bereits mehr als neun Sekunden Rückstand. Die D&M RoadRacing-Teamkollegen David Datzer und Nico Müller kamen auf die Plätze vier und fünf. Hinter Suzuki-Pilot Shaun Anderson sah Daley Mathison die Zielflagge als Siebenter. Dass der Frohburg-Neuling nicht ganz mit seinem Teamkollegen Davey Todd mithalten konnte, hatte einen Grund. In der ersten Trainingssitzung riss dem Briten beim Herausbeschleunigen aus der Hartmut-Wagner-Kurve die Kette, welche ihm eine tiefe Fleischwunde in den Oberschenkel riss. Mathison versäumte zwei Trainingssitzungen während die Wunde geklammert und genäht wurde, zwängte sich anschließend wieder in die Kombi und konnte dennoch in die Top-10 fahren. Eine Leistung, die nicht hoch genug eingeschätzt werden kann und ohne den unglücklichen Antriebsdefekt hätte Daley Mathison auch ein Wort um die Podestplatzierungen mitgesprochen.
Im zweiten Rennen drehte Davey Todd dann richtig auf und ließ selbst Hausherr Grams sprichwörtlich im Nieselregen stehen. Eine schnellste Rennrunde, die 1,5 Sekunden schneller war als die von Didier Grams verhalf Davey Todd schließlich mit über acht Sekunden Vorsprung zu seinem ersten internationalen Superbike-Sieg. Hinter Grams sah Rico Löwe auf der GERT56-BMW das Ziel als Dritter, denn viele der Doppelstarter verzichteten ob des Wetters auf eine Teilnahme, um sich und die Maschinen zu schonen.
IRRC Supersport
Da Danny Webb den IRRC-Superbike-Titel 2018 schon eingefahren hatte, war in Frohburg auch in diesem Jahr wieder ein Gaststart auf der Stingl-Yamaha drin. Standesgemäß stellte der Brite sein Bike im Qualifying mit fast einer Sekunde Vorsprung auf Laurent Hoffmann auf die Pole Position. Der Belgier war in Frohburg mit seiner Kawasaki hervorragend aufgelegt, verwies den schon als Meister feststehenden Matthieu Lagrive auf den dritten Startplatz und sicherte sich so eine hervorragende Ausgangsposition gegen den Schleizer Thomas Walther, der mit nur fünf Punkten Rückstand auf Hoffmann nach Frohburg gereist war.
Während sich die Stammfahrer auf der feuchten Piste an das Limit herantasteten, zog Webb vom Start weg auf und davon. Zu Rennmitte ergriff Laurent Hoffmann dann die Initiative, ging an Lagrive vorbei auf den zweiten Platz und machte sich auf die Verfolgung des Briten. Der verwaltete seinen Vorsprung und konnte sich am Ende mit knapp 1,5 Sekunden Abstand über die Linie retten. Zehn Sekunden später folgte Lagrive, Thomas Walther wurde Vierter und konnte damit in der Gesamtwertung nicht wie erhofft auf Hoffmann aufschließen, der sich die volle Punktzahl gutschreiben ließ.
Vor dem zweiten Lauf ging ein heftiger Regenguss über dem Kurs nieder. Danny Webb entschied sich nach der Besichtigungsrunde gegen einen Start. Der Rest des Feldes machte sich trotz extremer Bedingungen, heftigem Regen und teilweise starker Böen auf den Weg. Lagrive, Hoffmann und Walther wechselten sich bei der Führungsarbeit ab. Laurent Hoffmann zeigte auch bei diesen grenzwertigen Wetterbedingungen seine Klasse. Auf der Ziellinie konnte er sich den Sieg mit 36 Tausendstelsekunden vor Lagrive sichern und damit auch den Vizemeistertitel vor Thomas Walther, der Dritter wurde. Ein starkes Rennen fuhr auch der Schweizer Lukas Maurer, der knapp vor Kamil Holan Vierter wurde. Holan war im Frühjahr bei der Isle of Man TT gestürzt und stieg in Frohburg erstmals wieder auf das Motorrad.
Supersport Open
Bei trockenen Bedingungen am Samstag kam Thomas Walther nach zehn Runden als Sieger ins Ziel. Im Kampf um den zweiten Platz machte Christian Schmitz auf der Wassink-Yamaha Manou Antweiler das Leben schwer. Der Seggewiß-Pilot auf der bekannt schnellen MV Agusta drehte zwar noch die schnellste Runde, kam jedoch nur noch bis auf 1,4 Sekunden an Walther heran. Dritter wurde Christian Schmitz, der seine Yamaha in Imatra so stark beschädigte, dass er das Angebot der niederländischen Mannschaft von Tony Wassink annahm, die Ersatz-R6 von Performance Racing Achterhoek zu pilotieren. Vierter wurde der Österreicher Julian Trummer (Yamaha), der im zweiten Rennen seinen großen Auftritt hatte. Bei leichtem Nieselregen fuhr der Neuntplatzierte der diesjährigen Lightwight-TT allen auf und davon. Nach neun Runden hatte er ganze 20 Sekunden Vorsprung auf Manou Antweiler. Dritter wurde wiederum Christian Schmitz, der sich in der letzten Runde noch gegen den immer stärker aufkommenden Stefan Wauter (MV Agusta) behaupten musste.
Frohburg Twins
Die Zweizylinder-Klasse nach eigenem Reglement, in der aber vor allem Maschinen der Kategorie Supertwin ihren Platz haben, wurde wie schon im vergangenen Jahr von Stefano Bonetti beherrscht. Der Italiener hatte mit seiner Paton S1 nicht nur das beste Bike unter dem Hintern, er konnte die Leistung sowohl am Samstagnachmittag bei trockenen Bedingungen, als auch am Sonntag bei Nieselregen perfekt auf die Straße bringen.
Der Einzige, der an diesem Wochenende einigermaßen mit „Bonny“ mithalten konnte war Laurent Hoffmann, der die Supertwin-Kawasaki von Niklas Pfeiffer pilotierte. Am Samstag musste der Belgier allerdings zwei Runden vor dem Ziel mit technischem Defekt die Segel streichen. So erbte Nico Kehrer auf der MZ Skorpion den zweiten Platz. Die mehr als 45 Sekunden Rückstand, die er auf Bonetti hatte, waren natürlich auch der Tatsache geschuldet, dass Kehrer in der Supermono-MZ nur die halbe Anzahl an Zylindern zur Verfügung stand.
Im sonntäglichen Regen versagte bei der MZ schon nach einer Runde die Technik, dafür hielt die Kawasaki von Laurent Hoffmann diesmal über die gesamte Distanz und brachte ihn auf dem zweiten Platz ins Ziel. Dritter wurde der Tscheche Petr Najman, ebenfalls auf einer Kawasaki, vor Julian Trummer (Suzuki).
Zweitakt GP
Anders Blacha und Uwe Elschner fuhren am Sonntagmorgen rundenlang Rad an Rad um das Frohburger Dreieck. Elschner ließ den Dänen auf seiner 250ccm-Yamaha nicht aus den Augen und schlug erst in der letzten der insgesamt sieben Runden zu. Dabei nutzte er auch den Leistungsvorteil seiner 500ccm-Yamaha, mit der er auch seine Klasse überlegen gewann. Hinter Chris Meyer, Bernard Depierreux und Steffen Kakolewski kam mit Stefan Tennstädt der DDR-Meister des Jahres 1985 als Sechster ins Ziel und gewann damit auch seine Klasse der GP-250-S3 souverän.
Am Nachmittag setzte der Auerbacher sogar noch eins drauf. Im starken Regen musste er nur Anders Blacha den Vortritt lassen, der diesmal ungefährdet den Sieg nach Hause fahren konnte, da Uwe Elschner mit technischen Problemen vorzeitig ins Fahrerlager abbog. Dritter wurde wiederum Chris Meyer.
Zweitakt Klassik
Die großen 350er-Maschinen von Jimmy Lafineur aus Frankreich und Luke Notton aus Großbritannien machten im ersten Lauf der klassischen Zweitakter den Sieg unter sich aus. Im Ziel konnte Notton sechs Sekunden Vorsprung auf seinen Konkurrenten verbuchen. Am Nachmittag lautete das Ergebnis bei stärkerem Regen genau umgekehrt. Lafineur besiegte den Briten knapp, um 0,161 Sekunden. Die leichten 125er-Maschinen kamen mit den schwierigeren Bedingungen besser zurecht und fuhren den 350ern davon. Chris Meyer, der auch regelmäßig auf der irischen Insel startet, konnte den Freiberger Steffen Grämer um neun Sekunden auf den zweiten Platz verweisen, Ronny Wunderlich wurde Dritter. An vierter Stelle der 125ccm-Klasse war – wie schon am Vormittag – mit Anne Höss die schnellste Frau zu finden. Schon im ersten Lauf konnte sie ex-Grand-Prix-Rennfahrer René Dünki knapp auf den fünften Platz verweisen, der mit diesem Ergebnis absolut nicht zufrieden war. Als die schnelle Frau ihn am Nachmittag wieder überholte, bog Dünki ins Fahrerlager ab und trat die vorzeitige Heimreise in die Schweiz an.
Auf Regen folgt ja bekanntlich Sonnenschein, ob dies auch für das Frohburger Dreieckrennen gilt, wird man beim 57. Frohburger Dreieckrennen 2019 herausfinden müssen. Die Clubkasse hätte gegen ein sonniges Spätsommerwochenende sicher nichts einzuwenden…