Es hätte ein wundervolles Rennwochenende in Frohburg werden sollen, mit zwei spannenden Meisterschaftsentscheidungen in der IRRC (International Road Racing Championship) und wider Erwarten trockenen Wetterbedingungen an beiden Verabstaltungstagen. Nach einem schweren Rennunfall am Samstagnachmittag war die Laune um das Festzelt im Fahrerlager jedoch getrübt. Für den Beginn des Rennsonntags beriefen die Veranstalter dann eine außerordentliche Fahrerbesprechung ein, in der die Nachricht vom Tod des Italieners Luca Salvadori bekanntgegeben wurde. Der Ducati-Pilot vom Broncos Racing Team war seinen schweren Verletzungen am Samstagabend im Krankenhaus erlegen. Motorsport war Salvadoris Leidenschaft, die er nicht nur auf den Rennstrecken auslebte, sondern auf Youtube auch seinen mehr als 500.000 Followern vermittelte. In seinem Sinne wurde der Rennsonntag nach einer Schweigeminute und mit einer Stunde Verspätung gestartet. Den Teilnehmern wurde der Start zu den Rennen noch einmal ausdrücklich freigestellt.
Die mit Spannung erwarteten Meisterschaftsentscheidungen in den Klassen IRRC Superbike und IRRC Supersport rückten aufgrund der tragischen Ereignisse des Vortags in den Hintergrund.
IRRC Superbike
Bereits 2022 reiste David Datzer mit Chancen auf den IRRC-Meistertitel nach Frohburg, unterlag im Finale aber seinem Konkurrenten Vincent Lonbois. In diesem Jahr waren es ganze fünf Meisterschaftszähler, die den 32jährigen Bayern von seinem nächsten Verfolger, Lukas Maurer, trennten. Auch der Schweizer Yamaha-Pilot weiß wie es sich anfühlt, den IRRC-Superbike Titel beim Saisonfinale auf dem schnellen Frohburger Dreieck zu verlieren. Er musste seine Titelambitionen 2021 nach einem Trainingssturz begraben. Maurer kam erst im vergangenen Jahr erstmals zu IRRC-Meisterschaftsehren.
Das Qualifikationstraining beherrschte der Frohburg-Neuling Luca Salvadori, der, wie zuvor schon in Hengelo und Schleiz, in der IRRC einen Gaststart absolvierte. Auf seiner Broncos-Ducati umrundete er das 4,78 Kilometer lange Dreieck so schnell wie noch kein anderer Fahrer zuvor. Seine Zeit von 1:32,427 entsprach dabei einem Rundenschnitt von 186,18 km/h.
In der Startaufstellung für den ersten Lauf am Sonntagvormittag rückte David Datzer auf die Pole-Position vor, dessen zweitschnellste Trainingszeit von 1:33,975 Minuten (183,1 km/h) Salvadoris Leistung noch einmal klar ins Verhältnis rückt. Datzers Meisterschaftsrivale Lukas Maurer erwischte zunächst den besten Start. Der Schweizer musste auf seiner Yamaha R1 volles Risiko gehen, denn für die erfolgreiche Titelverteidigung galt es mindestens fünf Punkte auf David Datzer aufzuholen. Der BMW-Pilot aus Vilsbiburg nutzte jedoch den Leistungsvorteil seiner M1000RR auf den langen geraden des Frohburger Dreiecks clever aus. 20 km/h, so die Schätzung Maurers, verliert er in der Spitzengeschwindigkeit mit der Yamaha auf die Konkurrenz. Und so war es dann auch Datzer, der sich beim Anbremsen der Hartmut-Wagner-Kurve am Ende der ersten Runde die Führung zurückholte. Diese sollte der Bayer bis ins Ziel des 10-Runden-Rennens nicht mehr hergeben, während Lukas Maurer noch hinter den Gaststarter Erno Kostamo und Kawasaki-Pilot Jorn Hamberg auf den vierten Platz zurückfiel. Hinter Luca Gottardi auf dem fünften Platz zeigte Freddie Heinrich lange Zeit ein starkes Rennen, welches er allerdings nach einem Motorschaden an seiner Kawasaki drei Runden vor dem Ziel vorzeitig beenden musste.
Mit dem Sieg im ersten Rennen hatte David Datzer den Vorsprung in der Meisterschaft auf 14 Punkte ausgebaut. Unter normalen Umständen eine Vorentscheidung, doch pünktlich vor dem finalen IRRC-Superbike-Lauf ergoss sich ein leichter Nieselregen über dem Frohburger Dreieck. Lukas Maurer sah in den veränderten Wetterbedingungen seine Chance, denn im Regen ist die sanftere Leistungsentfaltung seiner Yamaha ein nicht zu unterschätzender Vorteil. Und so setzte sich der Schweizer auf einem sicheren zweiten Platz, hinter dem nicht punkteberechtigten Gastfahrer Erno Kostamo, von der übrigen Konkurrenz ab. David Datzer hatte den Titel 2022 durch einen Sturz im Regen verloren. Auf dem nassen Geläuf trug der 32jährige seine BMW ins Ziel. Im letzten Umlauf verlor er noch den fünften Platz an den Belgier Laurent Hoffmann. Aber auch der sechste Rang und die Punkte für Platz fünf reichten dem sympatsichen Bayer am Ende für den lang ersehnten Titelgewinn in der IRRC-Superbike-Klasse.
Unterdessen musste Lukas Maurer vor der letzten Kurve seinen sicher geglaubten zweiten Platz noch hergeben. Der Niederländer Jorn Hamberg setzte sich mit einem harten Ausbremsmanöver gegen den 30jährigen durch und konnte sich so nach seinem Debüt in der IRRC Superbike vor genau einem Jahr erstmals 25 Meisterschaftspunkte in dieser Klasse gutschreiben lassen.
Keine Probleme mit den regnerischen Wetterbedigungen hatte der schnelle Finne Erno Kostamo, der seinen Sieg in dem auf neun Runden verkürzten Rennen mit über 17 Sekunden Vorsprung sicher nach Hause fuhr.
Einen starken Saisonabschluss zeigte der Hohenstein-Ernstthaler Nico Müller, der einen respektablen siebenten Platz belegte, nachdem er sich in der letzten Runde noch gegen Rhys Hardisty und Johannes Schwimmbeck durchsetzte.
IRRC Supersport
Dass ein Fahrer in den roten Teamfarben der Performance Racing Achterhoek Mannschaft mit Chancen auf den IRRC-Supersport-Titel zum Finale an das Frohburger Dreieck reist, ist nichts Neues. Doch erst einmal konnten die Niederländer den Titel einfahren: 2017 mit Joey den Besten. Mit dem Nordiren Adam McLean haben die Männer und Frauen um Teamchef Tonny Wassink in diesem Jahr ein neues heißes Eisen im Feuer. Bei seinem verspäteten Einstieg in die Meisterschaft auf dem Schleizer Dreieck konnte McLean gleich die volle Punktzahl einfahren. Gleiches gelang ihm in Imatra und Chimay. Sein ärgster Konkurrent, der vierfache Meister und Titelvertreidiger Marek Cerveny, musste zuletzt in Horice einen Ausfall aufgrund eines technischen Defekts hinnehmen und büste damit auch die Meisterschaftsführung ein.
Mit dem Frohburger Dreieck kam Adam McLean ähnlich gut zurecht wie mit den anderen IRRC-Rennstrecken, die allesamt Neuland für den Nordiren waren. In 1:38,545 Minuten stellte er seine Yamaha R6 vor den Tschechen Petr Najman und Marek Cerveny auf die Pole-Position. Doch schon am Samstag plagten McLean Aussetzer an seiner Maschine, welche immer plötzlich und bei maximaler Schräglage auftraten. In der zweiten Runde des ersten IRRC-Supersport-Laufs passierte Gleiches wiederum in der schnellen Albert-Richter-Kurve. In Führung liegend rollte McLean aus und musste sein Motorrad abstellen. Die Ursache des Fehlers hatten seine Mechaniker kurze Zeit später nach der Datenanalyse im Fahrerlager gefunden. Zwei defekte Kabel verursachten einen Kurzschluss.
Wenig Glück hatte auch Jef van Calster, der die Führung von McLean nach dessen Ausfall übernommen hatte. Der Gaststarter aus Belgien musste seine Ducati mit gebrochenem Auspuff ebenfalls vorzeitig parken. So war der Weg für die Tschechen Marek Cerveny und Petr Najman frei, die die Plätze eins und zwei nach Hause fuhren. Für Cerveny eine Vorentscheidung in der Meisterschaft, denn seinen Rückstand von drei Punkten konnte er so in einen Vorsprung von 22 Punkten verwandeln. Der dritte Titel in Folge war dem Triumph-Piloten damit so gut wie sicher. Ilja Caljouw rettete mit seinem dritten Platz die Ehre der Performance Racing Achterhoek Mannschaft. Hinter Romain Claez-Savoyen aus Frankreich zeigten die Gastfahrer Michal Prasek und Virgil-Amber Bloemhard starke Leistungen. Den guten siebenten Platz belegte der Nordire Darryl Tweed bei seinem ersten Einsatz auf dem Frohburger Dreieck, vor Rico Vetter, der als bester deutscher Fahrer das Ziel als Achter sah.
Für den zweiten Lauf hatten die Mechaniker den defekten Teil des Kabelbaums an McLeans Motorrad gewechselt und entsprechend motiviert ging der Mann aus Nordirland ans Werk. Doch Jef van Calster war entschlossen ebenfalls den Sieg im Finallauf zu holen. Zwei Runden vor dem Ziel setzte sich der Belgier in Führung, doch McLean hatte noch nicht aufgegeben und versuchte ein letztes Ausbremsmanöver vor der Hartmut-Wagner-Kurve außen herum. Ein überrundeter Fahrer verhinderte den Überholvorgang und so musste sich Adam McLean mit Platz zwei zufrieden geben, was ihm jedoch einmal mehr die volle Punktzahl einbrachte. Marek Cerveny sicherte seinen insgesamt fünften Titelgewinn in der IRRC Supersport mit dem dritten Platz ab, wobei er Petr Najman in der letzten Kurve noch auf den vierten Rang verdrängte.
Derek McGee erlebte bei seinem zweiten Besuch in Frohburg ein Wochenende zum vergessen. Zwar qualifizierte sich der Ire als Fünfter für die zweite Reihe, aber bereits am Samstag plagten den Kawasaki-Piloten Probleme mit der Benzinzufuhr bei Volllast. Seine kleine Mannschaft bekam das Problem auch am Sonntag nicht in den Griff so dass McGee beide Läufe vorzeitig aufgab.
Superbike / Superstock 1000
Auch für das offene Superbike/Superstock-1000-Rennen hatte sich Luca Salvadori die schnellste Trainingszeit gesichert. Den besten Start erwischte allerdings Erno Kostamo. Noch in der ersten Runde kam es hinter dem in Führung liegenden Finnen zu einer Kollission zwischen Salvadoris Ducati und der BMW von Didier Grams ausgangs der Albert-Richter-Kurve, wobei sich das Motorrad des IRRC-Rekordchampions aufstellte und überschlug. Salvadori versuchte auszuweichen und verunglückte dabei in der nachfolgenden Rechtskurve im Ochsengrund. Die Schwere des Unfalls war allen nachfolgenden Fahrern sofort bewusst. Sie beendeten das Rennen unmittelbar, noch vor dem offiziellen Abbruch durch die Rennleitung. Wie bereits erwähnt, erlag Luca Salvadori seinen schweren Verletzungen am Samstagabend im Krankenhaus. Didier Grams zog sich bei dem Sturz zahlreiche Knochenbrüche zu, darunter Brüche beider Handgelenke.
Noch vor einer offiziellen Mitteilung zum Gesundheitszustand der verunglückten Fahrer wurde das Rennen kurz nach 18:00 Uhr noch einmal über eine verkürzte Renndistanz von sieben Runden neu gestartet. Zehn Fahrer nahmen das Rennen auf. Die Penz13-Teamkollegen Erno Kostamo und Luca Gottardi belegten die Plätze eins und zwei. Der Schwede Markus Karlsson komplettierte das Podest als Dritter.
Das zweite Rennen am Sonntagmorgen ließ Kostamo aus und so war es David Datzer, der sich für die IRRC-Finalläufe standesgemäß mit einem Sieg warm fuhr. Hinter Luca Gottardi setzte sich der Lunzenauer Freddie Heinrich mit einem starken dritten Platz gegen die gestandenen IRRC-Fahrer Jorn Hamberg und Markus Karlsson durch.
Johannes Schwimmbeck konnte in der letzten Kurve noch den Kesselsdorfer Udo Reichmann im Kampf um Platz sechs abfangen.
Zweitakt GP
In den beiden Rennen der Zweitakt-Grand-Prix-Klasse konnte sich jeweils der Nürnberger Christian Schneider auf seiner Yamaha TZ250 durchsetzen. Im ersten Rennen folgten ihm 500ccm-Pilot Alexander Jehn sowie Anders Blacha und Chris Meyer, die das Podest der 250ccm-Klasse vervollständigten.
Im zweiten Lauf erschwerte einsetzender Nieselregen die Fahrt. Chris Meyer konnte dadurch dem bereits enteilten Schneider die Spitzenposition wieder abjagen und auch der Däne Anders Blacha lauerte auf seine Chance. Erst in der letzten Runde fiel dann die Entscheidung zu Gunsten von Christian Schneider, der sich am Ende mit etwas mehr als einer halben Sekunde über den Reinsdorfer Chris Meyer und Anders Blacha triumphierte.
Zweitakt Klassik
Jimmy Lafineur bestimmte auf seiner 350ccm-Yamaha den ersten Lauf der Zweitakt-Klassik, doch in der letzten Runde fiel der Franzose noch auf den fünften Platz zurück. Mit Matthias Bormann auf Roll-Yamaha erbte ein anderer 350ccm-Pilot den Gesamtsieg. Die Unterkategorie der 125ccm-Rennmaschinen entschied Chris Meyer knapp vor KTM-Pilot Christopher Eder aus Österreich für sich.
Auch im zweiten Rennen ging der Sieg an Bormann, der diesmal aus eigener Kraft gewann und nicht auf das Rennglück angewiesen war. Bei den 125ern drehte Eder den Spieß herum und verwies Chris Meyer klassenintern auf den zweiten Platz.
Twin Cup
Eine Woche vor dem Saisonfinale in Hockenheim stattete der Twin Cup dem Frohburger Dreieck einmal mehr einen Besuch ab. Auch der amtierende Meister Justin Hänse ließ es sich nicht nehmen auf dem Straßenkurs im Süden Leipzigs einmal mehr in den Sattel eines Zweizylinder-Motorrades zu steigen. Als Gaststarter nicht punkteberechtigt und mit einer windschlüpfrigen Verkleidung an seiner Kawasaki ausgestattet, wieß er den Seriensieger der Saison 2024, Timo Krüger, in beiden Rennen klar in die Schranken. Der Honda-Pilot ging seinerseits kein Risiko ein und fuhr für die beiden zweiten Plätze über das Wochenende die volle Punktzahl ein. Krügers einzig verbliebener Konkurrent um den Cup-Sieg 2024, Till Weiss, wurde in beiden Rennen Dritter. Damit kann sich Timo Krüger mit einem beruhigenden Polster von 34 Punkten auf den Weg zum Hockenheimring machen, wo nur noch 50 Meisterschaftszähler zu vergeben sind.
Belgian Twin Trophy
Erstmals trug die Belgian Twin Trophy auf dem Frohburger Dreieck zwei Läufe aus. Um genau zu sein die Finalläufe 13 und 14. In der Meisterschaft war es, neben ex-IDM-Supersport-300-Pilot Ferre Fleerackers, vor allem Sander Claessen, der sich noch Chancen auf den Meisterschaftsgewinn ausrechnete. Hinter Gaststarter Petr Najman konnte sich Fleerackers den zweiten Startplatz sichern und preschte dann im ersten Rennen zum klaren Sieg über den Tschechen. Wes Kleinfeld, der ebenso wie ein Großteil des Feldes eine Aprilia RS660 einsetzte, sah das Ziel nicht. Er schied im Kampf mit Sander Claessen um den Dritten Platz aus.
Zum zweiten Rennen trat Petr Najman nicht an, so dass Ferre Fleerackers leichtes Spiel gegen Claessen und Kleinfeld hatte, die das Podest in dieser Reihenfolge komplettierten. Fleerackers, der in diesem Jahr bereits den Northern Talent Cup auf dem starken vierten Gesamtrang beendete, krönte sich damit zum Sieger der Belgian Twin Trophy 2024.
Danke Andy für den tollen Rennbericht vom Frohburger Dreieck.
Schade dass die tolle Veranstaltung durch den tragischen Unfall belastet wurde!