Die zwanzigste German Speedweek in der Motorsport-Arena Oschersleben zählt nicht nur für die Rennstrecke in der Magdeburger Börde zu den Höhepunkten der Motorsportsaison. Bei vielen Freunden des Motorradsports hat die Veranstaltung mit Langstrecken-Weltmeisterschaftslauf, Seitenwagen-Weltmeisterschaftslauf und vielen spannenden Rahmenrennen einen festen Platz im Terminkalender. In diesem Jahr rückte der Termin ins Frühjahr, nachdem im vergangenen August die Entscheidung um den Langstrecken-WM-Titel beim 8-Stunden-Klassiker gefallen war.
Für die Jubiläumsausgabe wurden wieder die besten Teams und Fahrer der Langstrecken-Weltmeisterschaft erwartet. Unter ihnen auch Marvin Fritz, der auf der YART-Yamaha beim 24h-Rennen in Le Mans eine starke Leistung zeigte und vor heimischer Kulisse in den Sattel der Yamaha R1 zurückkehrte, nachdem er vor drei Wochen beim Superstock-EM-Lauf einen schweren Sturz wegstecken musste, bei dem er von einem nachfolgenden Fahrer überrollt wurde.
Im Qualifikationstraining waren es die Vorjahressieger vom Team GMT94, die ihre Yamaha R1 auf die Pole Position stellten. In den ersten Runden der 8-Stunden-Schlacht übernahm zunächst der erfahrene Vincent Phillippe für die amtierenden Weltmeister vom Suzuki Endurance Racing Team die Führung, konnte sich dieser allerdings nur kurz erfreuen. Eingangs der Start- und Zielgerade schmiss der Langstreckenspezialist die Suzuki ins Kiesbett der Motorsport-Arena, was einen längeren Reparaturstopp zur Folge hatte. Auch das japanische F.C.C. TSR-Honda Team musste früh mit einem platten Vorderrad an der Box vorfahren.
Nach dem etwas hektischen Rennstart richteten sich an der Rennspitze die beiden Yamahas von GMT94 und YART mit Niccolo Canepa und Broc Parkes ein. Auch Markus Reiterberger zeigte auf der BMW vom Team LRP Poland eine starke Rückkehr in die Langstrecken-WM. Mit Reiterberger, Lukas Trautmann und Dominik Vincon hatte die polnische Mannschaft eine starke Fahrerpaarung für die Speedweek zusammengestellt. Doch nach einem vielversprechenden Rennbeginn musste man bereits nach der ersten Rennstunde einpacken. Lukas Trautmann hatte die BMW im schnellen Triple einer nachhaltigen Kaltverformung unterzogen. Ergebnis: Totalschaden. Für die Schweizer vom Team Bolliger zeigte Roman Stamm eine starke Performance in der Anfangsphase, während sich Freddy Foray für die Honda-Werksmannschaft mit der Startnummer 111 langsam unter den Top-10 nach vorn arbeitete.
Unter den besten zehn im Gesamtklassement konnte sich auch das Team Völpker NRT48 by Schubert Motors mit Jan Bühn auf der Supertock-BMW etablieren. Nicht nur dass man mit den Yamaha-Teams Moto Ain CRT und Viltaïs Experience um den Sieg in der Superstock-Wertung kämpfte, Bühn und seine Teamkollegen Stefan Kerschbaumer und Lucy Glöckner mischten zeitweise in den Top-5 die Mannschaften der EWC-Kategorie auf.
An der Spitze setzte sich GMT94 mit Niccolo Canepa, ex-125ccm-Weltmeister Mike di Meglio und dem erfahrenen David Checa von der Konkurrenz ab. Zwar konnte der Australier Broc Parkes auf der YART-Yamaha das Tempo mitgehen, doch seine Teamkollegen Marvin Fritz, der im Training einen weiteren Sturz zu verkraften hatte und der 21jährige Japaner Kohta Nozane, der zum ersten Mal in Oschersleben fuhr, verloren einige Sekunden auf das führende GMT94-Team.
Wie bereits beim ersten Rennen des Jahres in Le Mans vor vier Wochen, lief wieder alles auf ein Duell der beiden Yamaha-Teams um den Gesamtsieg heraus. Damals brachte GMT94-Fahrer Mike di Meglio einen Nachzügler mit einem unsanften Überholmanöver zu Fall und blieb straffrei. YART-Teamchef Mandy Kainz konnte diese Entscheidung damals nur schwer verstehen. Dass man in Frankreich scheinbar nur ungern Strafen gegen französische Teams ausspricht hatte sich jedoch im Fahrerlager herumgesprochen… Auch in Oschersleben versuchte GMT94-Teamchef Christophe Guyot eine Strafe für seine Mannschaft abzuwenden, doch ohne Erfolg. Weil das Licht an der Yamaha R1 mit der Startnummer 94 bei einem der Boxenstopps verbotenerweise eingeschaltet blieb, musste das Team eine Stop-and-Go-Strafe über 30 Sekunden absitzen.
Drei Runden hinter dem Spitzenduo fochten zu diesem Zeitpunkt Roman Stamm (Bolliger Team Switzerland) und Anthony des Santos (Maco Racing Team) Rad an Rad um den letzten Podestplatz. Später führten Horst Saiger (Bolliger) und Marko Jerman (Maco) das Duell fort, nie mehr als wenige Sekunden voneinander getrennt.
In der Klasse Superstock führte lange Zeit die Yamaha mit der Nummer 96 vom Team Moto Ain CRT, doch mit dem Sonnenuntergang musste man auch hier 30 Strafsekunden in der Boxengasse absitzen. Der Grund dafür: Wechsel des Hinterrades während des Nachtankens. Ein Fehler, welcher nicht vorkommen sollte, ist die Trennung von Reifenwechsel und Nachtanken doch seit vielen Jahren vorgeschrieben und eine eingespielte Routine.
Mit einbrechender Dunkelheit holte sich David Checa die Führung von Marvin Fritz zurück, der den entfesselt fahrenden Spanier nach kurzer Gegenwehr ziehen lassen musste. Checa verbesserte trotz schwieriger Bedingungen die schnellste Rennrunde und stellte so sicher, dass GMT94 einen kleinen Vorsprung auf YART hat, denn die Österreicher waren zwar langsamer, verbrauchten aber damit auch weniger Sprit und wenn GMT94 kurz vor Schluss noch einen zusätzlichen Boxenstopp einlegen müsste, dann könnte das eine entscheidende Rolle spielen.
Im Kampf um den dritten Platz sollte der Benzinverbrauch das Zünglein an der Waage sein. Mit etwas über einer verbleibenden Stunde auf der Uhr ging Roman Stamm für Bolliger wieder auf die Strecke, während Gregory Junod auf der Yamaha von Maco Racing zwei Runden später nachtankte. Da die letzte Rennstunde wie das gesamte Rennen ohne Safety-Car auskam, musste Stamm seine Kawasaki fünf Minuten vor Rennende für ein paar Liter Sprit noch einmal an die Box bringen. Junod schleppte die Yamaha mit fast leergesogenem Tank in die letzte Runde. Roman Stamm holte auf, doch es war zu spät. Stamm wurde hinter dem Sieger abgewunken, während Junod mit der stotternden Yamaha kurz zuvor auf die letzte Runde gegangen war, die er beenden musste, um gewertet zu werden. 10 Sekunden verlor Junod pro Sektor und rettete sich dann mit reichlich Verspätung doch noch als Dritter über die Ziellinie.
Da empfing das Siegerteam GMT94 bereits David Checa, der Broc Parkes in seinem letzten Turn keinen Chance ließ. Für GMT94 war es nach 2015 und 2016 der dritte Sieg hintereinander beim 8-Stunden-Rennen im Rahmen der Speedweek.
Der Sieg in der Klasse Superstock ging, trotz der 30-Sekunden-Strafe, an Moto Ain CRT mit Hugo Clere, Alexis Masbou und Robin Mulhauser. Lucy Glöckner fuhr einen starken zweiten Platz für ihre Teamkollegen Jan Bühn und Stzefan Kerschbaumer sowie das gesamte Team Völpker NRT48 by Schubert Motors nach Hause. Axel Maurin, Bastien Mackels und Florian Alt vom Team Yamaha Viltaïs Experience hatten auf Platz drei nur 20 Sekunden Rückstand.
Die Werksteams von Suzuki und Honda fuhren nach den Problemen in der Anfangsphase noch auf die Plätze neun und zehn im Gesamtklassement nach vorn. F.C.C. TSR-Honda konnte mit dem fünften Platz noch wichtige WM-Punkte einfahren.