1955 entschloss sich der damals 70jährige Paul Berger, Rennleiter der ersten Rennen in Hohenstein-Ernstthal 1927 und 1928, sein Archiv in treue Hände weiterzugeben. Der junge Sportfreund Lothar Jordan, zufällig im Jahr des ersten Rennens in der sächsischen Kleinstadt geboren, brachte die notwendige Geldsumme auf und kaufte Bergers Sammlung, um mit den Unterlagen sein „Motorrennsport-Archiv Sachsenring“ zu gründen. Bereits zwei Jahre später, zum 30jährigen Sachsenring-Jubiläum, gab er eine Festschrift heraus und wurde anschließend Redakteur der „Sachsenringwoche“. Ab 1967 zeichnete Lothar Jordan als Pressechef am Sachsenring verantwortlich. Ein Treffen mit einem westdeutschen Sportsfreund am Hermsdorfer Kreuz im Jahr 1974 und der Austausch von begehrten Motorsportzeitschriften blieben von DDR-Sicherheitsbeamten nicht unbeobachtet und führten zur Enthebung des Archivgründers von seinen ehrenamtlichen Funktionen. Dank seiner Bekanntheit und der bisherigen Arbeit durfte sich Lothar Jordan in den folgenden Jahren dennoch weiterhin als Fotograf an den Rennstrecken aufhalten. Nach dem plötzlichen Tod des Archivgründers 1989 übernahm sein Sohn Mike Jordan die Sammlung. Nach der politischen Wende in Deutschland wird er zunächst geschäftsführender Gesellschafter der „Motorsport am Sachsenring GmbH“. In den Wirren der Umbruchszeit erwarb er u.a. das Sachsenring-Archiv des ehemaligen Motorsportclubs von 1958 bis 1989 und sicherte dieses so vor der Entsorgung.

Ehrenpreis von Paul Berger
Ehrenpreis von Paul Berger
Lothar Jordan an seinem Schreibtisch im Jahr 1956
Lothar Jordan an seinem Schreibtisch im Jahr 1956
30 Jahre Sachsenring – Festschrift Lothar Jordan, Rat der Stadt Hohenstein-Ernstthal, 1957
30 Jahre Sachsenring – Festschrift von Lothar Jordan, Rat der Stadt Hohenstein-Ernstthal, 1957

Mit dem Beginn der 1990er Jahre hielt nun überall erschwingliche Computertechnik Einzug. Für das Archiv bedeutete dies, dass die größtenteils ungeordneten oder auf Karteikarten katalogisierten Unterlagen nun auch der modernen Informationsverarbeitung zugeführt werden konnten. Diese Arbeit nahm in diesen Jahren, und nimmt heute noch, sehr viel Zeit in Anspruch.

1997 erfolgte mit der Gewerbeanmeldung die Umbenennung in „Motorrennsport-Archiv Jordan“ und eine weitere Professionalisierung der Archivarbeit. Erstes Ergebnis war die Produktion des Videos „70 Jahre Sachsenring“ mit Reporterlegende Hubert Schmidt-Gigo. Mike Jordan berichtete nun auch wieder als freier Motorsportjournalist im DJV über das aktuelle Rennsportgeschehen, welches im Osten Deutschlands mit den neuen Rennstrecken in Oschersleben und der Lausitz, sowie mit der Wiederbelebung des Sachsenringes neuen Schwung bekam.

Mit der Sonderausstellung „Sächsische Rennstrecken – Gestern und Heute“ im Museum für sächsische Fahrzeuge im Wasserschloss Klaffenbach, im Textil- und Rennsportmuseum Hohenstein-Ernstthal, im Motorrad- und Technikmuseum Großschönau und im Verkehrsmuseum Dresden wurden in den Jahren 2001-2002 Teile der umfangreichen Sammlung erstmals öffentlich gezeigt.

Die Internetpräsenz motorrennsportarchiv.de ging 2004 online und wird seitdem immer weiter ausgebaut. Auf ihr findet neben der aktuellen Berichterstattung auch immer wieder der historische Bezug seinen Platz. Die umfangreiche Fotodatenbank, das Zeitschriften-Archiv und historische Zeitdokumente über Rennstrecken und Fahrer, welche über Jahre katalogisiert wurden, können durchsucht und so Interessenten auf Anfrage zugänglich gemacht werden.

In den letzten Jahren konnte sich das Motorrennsport-Archiv Jordan vor allem bei Fachautoren in Deutschland und darüber hinaus einen guten Ruf erarbeiten. Höhepunkte in der langen Liste der Mitwirkungen markieren dabei die co-produzierten Rennfahrerbiographien von Siegfried Wünsche (2003), Heinz Melkus (2008), Rolf Pöschel (2012) und Stromhardt Kraft (2014).

2009 übergab Hannes Bemme, einer der renommiertesten Motorsportfotografen der DDR, ca. 20.000 Farbnegative aus der Zeit von 1980 bis 1995 an das Motorrennsport-Archiv. Auch der Thüringer Fotograf Gerhard Menger überließ dem Archiv seine gesamte Sammlung, die u.a. Negative der vielen Thüringer Bergrennen beinhaltet. Zahlreiche andere Motorsportfreunde, u.a. Jürgen Weber und Dietmar Schlichting, schätzten und honorierten die Arbeit des Archives in den letzten Jahren ebenso mit Schenkungen oder Verkäufen ihrer Sammlungen.

Mit den Übersetzungen der Bücher „Steeling Speed“ (Gestohlene Geschwindigkeit) und SPEED, sowie der Rennstrecken-Chronik über die Dresdener Autobahnspinne konnten in den Jahren 2017-2021 weitere Buchprojekte erfolgreich umgesetzt werden.

Eine Meinung zu “Geschichte des Archivs

  1. Bernd Sebald sagt:

    Hallo,
    in meinen Sammlungen habe ich ein Poster vom Dreiecksrennen, 4 September 10 Uhr (ONS), Grafiker V. Mundorff
    In den Chroniken konnte ich nie diese Datum finden, fand das Rennen überhaupt statt?

    Mit freundlichen Grüßen B. Sebald

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