Zum vierten Mal in Folge stattete die Formel E Berlin einen Besuch ab. Bisher war die Rennserie für Elektro-Formelfahrzeuge in jeder Saison in der deutschen Hauptstadt am Start, so oft war kein anderer Schauplatz im Rennkalender vertreten. Zum dritten Mal wurde dabei der Rundkurs auf dem Rollfeld des ehemaligen Flughafen Tempelhof genutzt, der sich auch diesmal wieder als Publikumsmagnet präsentierte. 24.000 Zuschauer kamen, um das Rennen von den zahlreichen Tribünen aus zu verfolgen.
Mit Daniel Abt nahm ein Deutscher die Pole Position vor heimischem Publikum ein. Nach einer kurzen Überprüfung, weil er den Boost für die schnellste Runde im Qualifying zu zeitig gedrückt haben soll, wurde er dann doch zur Super-Pole zugelassen. Der 25jährige hatte zuletzt im März beim ePrix in Mexiko-Stadt seinen ersten Sieg in der Meisterschaft einfahren können. Neben dem Audi-Sport-Team-Abt-Piloten startete Oliver Turvey (NIO Formula E Team) aus der ersten Startreihe. Abts Teamkollege, der amtierende Meister Lucas Di Grassi, hatte in der Super Pole auf seiner schnellen Runde Mauerkontakt und wurde somit nur Letzter der besten Fünf aus dem Qualifying. Hinter Jean-Eric Vergne (Techeetah) und Jerome D´Ambrosio (Dragon Racing) ging er nur aus der dritten Startreihe ins Rennen.
Kurz nach 18 Uhr zogen die Rennwagen vor zum Start. Abt setzte seine Pole Position um und bog auch als erster in die langgezogene erste Linkskurve. Während der Kemptener seinen Vorsprung nach und nach auf bis zu vier Sekunden ausbaute, kämpfte sich sein Teamkollege Di Grassi auf den zweiten Platz nach vorn. Oliver Turvey fiel auf den dritten Rang zurück und verbrauchte deutlich mehr Energie als seine unmittelbaren Gegner. Er musste deshalb eine Runde eher seinen Wagen wechseln. Der Fahrzeugwechsel zur Rennhalbzeit wird ab der neuen Saison übrigens entfallen. Ab der im Herbst beginnenden Saison 2018/2019 werden alle Teams ein neues Chassis mit doppelter Batteriekapazität einsetzen. Das neue Fahrzeug wurde in Berlin von Nico Rosberg, welcher als Investor in die Formel E einsteigt, erstmals vor Publikum auf der Strecke gefahren.
In dieser Saison ist der Boxenstopp als taktisches Mittel allerdings noch im Spiel und Lucas Di Grassi wechselte sein Fahrzeug so schnell, dass er zu Beginn der zweiten Rennhälfte direkt hinter Daniel Abt lag. Doch der Brasilianer kam mit seinem zweiten Fahrzeug nicht so gut zurecht und konnte Abt nicht mehr unter Druck setzen.
Die beiden Audi-Sport-Team-Abt-Piloten flogen im Parallelflug mit 10 Sekunden Vorsprung auf den Rest des Feldes über das Tempelhofer Feld. Währenddessen geriet Oliver Turvey immer mehr unter Druck und musste schließlich sowohl Sebastien Buemi (Renault e.DAMS), als auch Jean-Eric Vergne passieren lassen. Der Meisterschaftsführende Vergne schob sich gleich im Anschluss auch noch am Schweizer Buemi vorbei auf den dritten Platz.
Vorn blieb die Reihenfolge unverändert. Daniel Abt sicherte sich seinen zweiten Sieg in der Formel E, Lucas Di Grassi machte den Doppelsieg für Audi beim Heimspiel perfekt. Dass das Rennen ausgerechnet von Premiumklasse-Konkurrent BMW als Hauptsponsor präsentiert wurde, entbehrt natürlich nicht einer gewissen Ironie. In der kommenden Saison werden die Münchener dann ebenfalls werksseitig in die Formel E einsteigen.
Meisterschaftsleader Jean-Eric Vergne (162 Punkte) fuhr mit dem dritten Platz einmal mehr wichtige Punkte ein und kommt seinem Ziel, Meister zu werden, bei noch drei ausstehenden Rennen, immer näher. Seine Verfolger in der Meisterschaft hatten in Berlin kein Glück. Sam Bird (122 Punkte / DS Virgin Racing) wurde nur Siebenter, Felix Rosenqvist (86 Punkte / Mahindra Racing) blieb als Elfter punktelos. Daniel Abt (85 Punkte) rückte mit seinem Sieg auf den vierten Platz in der Meisterschaft nach vorn. Vergnes Techeetah-Team setzt auf den Renault-Antrieb und liegt auch in der Teamwertung weiterhin mit deutlichem Vorsprung vor dem Audi Sport Team Abt.
Da sich Renault nur noch auf die Formel 1 konzentrieren möchte, starten die Renner im nächsten Jahr unter der zum Renault-Konzern gehörenden Marke Nissan. In der übernächsten Saison werden auch Mercedes und Porsche werksseitig in die Formel E einsteigen. In Berlin wurde zudem der Markenpokal-Tourenwagen Jaguar I-Pace eTrophy erstmalig auf einer Rennstrecke vorgeführt, nachdem die Serie zur IAA bekannt gemacht wurde. Die Rennen starten ab Herbst im Rahmen der Formel E.
Während die Elektrorennserie bei den Automobilherstellern sehr beliebt ist und höchste Priorität genießt, leistete sich die ARD bei der Übertragung eine peinliche Vorstellung. Die Siegerehrung des DFB-Pokals der Frauen wurde der geplanten Rennübertragung kurzfristig vorgezogen. Moderator Claus Lufen durfte das Rennen 5 Sekunden vor dem Start anmoderieren und nach dem Fall der Zielflagge gleich zum nächsten Ballspiel abgeben.