Mit einem gut gefüllten Feld von 27 Fahrzeugen startete die Tourenwagen-Weltmeisterschaft bei ihrem einzigen Deutschlandauftritt in der Motorsport Arena Oschersleben in die finale Phase der Saison 2009.
Verstärkung kam vor allem aus dem Nachbarland Dänemark und der dortigen Super2000-Serie DTC. So brachte Michel Nykjaer, Tourenwagen-Europa-Cup-Sieger der letzten zwei Jahre, in Oschersleben einen Chevrolet Lacetti an den Start. Das Team Bygma JWR kam mit einem speziell umgebauten Seat Leon TFSI für den querschnittsgelähmten Jason Watt in die Magdeburger Börde. Wie Alessandro Zanardi, der bei einem Unfall beide Beine verlor, steuert Watt seinen Wagen nur mit den Händen.
Die Startaufstellung entschied sich in einem chaotischen Qualifying am Samstagnachmittag bei tückischen Mischverhältnissen aus trockener und nasser Fahrbahn. Im ersten Teil kamen der Favoriten, wie Yvan Muller, Andy Priaulx, Jordi Gené oder Alain Menu, nicht unter die Top 10. Die Besetzung der ersten 10 Startpositionen entschied sich im zweiten Qualifying, für das sich überraschend der fliegende Holländer Jaap van Lagen im neuen Lada Priora und Privatfahrer Marin Colak qualifizieren konnten.
Das Chaos fand im zweiten Teil seine Fortsetzung. Colak, der den Bördekurs schon aus dem Seat Leon Supercopa kennt, stellte seinen Iberischen Benziner sensationell auf die zweite Startposition neben den Trainingsschnellsten Gabriele Tarquini. In der zweiten Startreihe gelang es Jaap van Lagen mit Position vier das bisher beste Trainingsresultat für das Lada-Werksteam herauszufahren. BMW-Pilot Jörg Müller konnte sich mit Startplatz acht als bester Deutscher qualifizieren. Der Leubnitzer Philip Geipel, der erst seit dem letzten Rennwochenende in Brands Hatch für das Team von Franz Engstler startet, qualifizierte auf Platz 24.
Für die Rennen hatte sich der Wettergott auch am Sonntag einiges ausgedacht. Pünktlich vor Rennbeginn machte einsetzender Nieselregen die Reifenwahl schwierig. Für das Rennen über 14 Runden sollte es jedoch nahezu trocken bleiben. Jörg Müller half das wenig. Er wurde das erste Opfer der hektischen Anfangsphase. In der Startschikane drehte sich der BMW-Pilot und löste damit eine Kettenreaktion aus, der u.a. auch Jordi Gené und Robert Huff zum Opfer fielen. Den Meisterschaftsführenden Yvan Muller erwischte es nur wenig später. Der Franzose fuhr sich an einem verschobenen Reifenstapel die rechte vordere Aufhängung weg und musste in der Folge das Rennen aufgeben.
Gewinner des fliegenden Starts war Tom Coronel, der sich im Seat Leon TFSI auf den zweiten Platz nach vorn schieben konnte. Andy Priaulx arbeitete sich unterdessen durch das Feld und war klar Schnellster auf der Strecke. Auch die Diesel-Seats von Rydell und Tarquini stellten für den Ex-Weltmeister keine Hindernisse dar. Der Mann von der Insel Guernsey verteidigte seine Führung bis ins Ziel und gewann damit sein erstes Saisonrennen.
Die beste Leistung des Rennens zeigte Jaap van Lagen. Wer dachte der fliegende Holländer hätte das Russische Lada-Ungetüm im Training schon am Limit bewegt wurde eines besseren belehrt. Sensationell lag van Lagen bis kurz vor Rennende auf Rang fünf und verteidigte diesen mit einem wild rauchenden und quer stehenden Lada Priora. Hinter ihm stauten sich Larini, Farfus D´Aste und Engstler. In der letzten Kurve wurde der tapfere Holländer schließlich von Nicola Larini ins Kiesbett geschickt. Platz 11 war schließlich kein gerechter Lohn für van Lagens Leistung. Nutznießer der Aktion war Franz Engstler. Der Bayer erntete nicht nur einen WM-Punkt, er erbte auch die Pole-Position für den zweiten Lauf, bei dem die ersten acht in umgekehrter Reihenfolge starten.
Drei heckgetriebene BMW auf den ersten drei Plätzen, so die Ausgangslage zum zweiten Lauf mit stehendem Start. Hinter Privatfahrer Franz Engstler rollten Stefano D´Aste im Wiechers-BMW und Schnitzer-Pilot Augusto Farfus in die Startboxen. So sollte auch die Reihenfolge nach der ersten Runde sein. Engstler machte alles richtig und ging in Führung. Zu Beginn der fünften Runde ließ er Augusto Farfus, den einzigen BMW-Piloten mit realistischen Chancen auf den WM-Titel passieren. Eine Runde später dann auch Andy Priaulx, der sich von Position acht bereits wieder durchgekämpft hatte. Engstler lag gut im Rennen und führte die Independents-Trophy an, als ihn dann in Runde acht ein technischer Defekt ereilte. Wieder einmal aus der Traum vom Podium, diesmal weniger spektakulär als in Pau, als der Bayer in Führung liegend vom Safety-Car abgeschossen wurde.
Vorn fuhr BMW den Doppelsieg durch Farfus und Priaulx nach Hause, Tarquini folgte auf Platz drei. Jörg Müller legte von ganz hinten kommend eine saubere Aufholjagd hin. Platz vier der Lohn den Deutschen.
Philip Geipel beendete beide Rennen auf Platz 14. Im zweiten Lauf bedeutete das Platz drei der Independents-Trophy.
In der Gesamtwertung ist damit alles wieder offen. Der als Meisterschaftsführender angereiste Yvan Muller verlässt die Motorsport Arena auf Tabellenplatz drei mit 84 Punkten. Neuer Führender ist sein Teamkollege Gabriele Tarquini (91) vor BMW-Ass Augusto Farfus (90).
Das Rahmenprogramm bot unter anderem zwei Läufe zur Formel-2-Meisterschaft, die in diesem Jahr erstmals seit 1984 wieder ausgetragen wird. Die Rennsiege gingen an Andy Soucek und Mikhail Aleshin.