Zuletzt wurde beim Glasbachrennen 2019 um Zähler zur Berg-Europameisterschaft gefahren. Fünf Jahre und eine Pandemie später kehrte Europas Bergrennsport-Elite nun an den Rennsteig zurück. Mit 154 Teilnehmern hatte sich ein Rekordfeld für die 26. Auflage des Bergrennens angekündigt. Um dem Andrang gerecht zu werden und mehr Fahrzeuge im Zielbereich unterbringen zu können, wurde die einst 5,5 Kilometer lange Strecke zwischen dem Ort Steinbach und dem Glasbachstein nahe des Rennsteigs um etwa 300 Meter eingekürzt. Damit stand schon vorab fest, dass es in den Wertungsläufen am Sonntag einen neuen Streckenrekord geben wird. Wer sich aus der versammelten europäischen Bergrennsportelite durchsetzen sollte, war allerdings völlig offen.
Der vierfache Europameister und dreifache Sieger beim Glasbachrennen Christian Merli zählte zu den hoch gehandelten Favoriten. Eigens zum deutschen EM-Lauf flog Merli aus den USA ein, wo er zuvor für das „Race To The Clouds“ am Pikes Peak trainierte. Kurz nach dem Rennen sollte es für den Italiener wieder zurück über den Atlantik gehen, wo am folgenden Wochenende die Rennläufe zum Pikes Peak International Hillclimb anstehen. Im Training zum Glasbachrennen lief es für Merli zunächst nicht nach Plan. Bei einem Ausrutscher mit anschließendem Einschlag zog der amtierende Europameister die Fahrzeugnase seines Osella FA30 Judd LRM erheblich in Mitleidenschaft. Während Merlis Wagen über Nacht wieder hergerichtet werden konnte, traf es Kevin Petit mit einem heftigen Abflug im zweiten Trainingslauf wesentlich schlimmer. Sein exotischer Revolt 3P0 wurde dabei arg in Mitleidenschaft gezogen. Die gute Nachricht aus dem Krankenhaus lautete jedoch, dass der jüngere Bruder des mehrfachen französischen Bergmeisters Sebastien Petit den Crash einigermaßen unbeschadet überstanden hatte.
Auch Geoffrey Schatz hat mit seinem größeren Bruder, dem siebenfachen französischen Bergmeister Nicolas Schatz, einen erfahrenen Lehrmeister in der Familie. Im ersten Rennlauf am Sonntag setzte Geoffrey Schatz sein Potential und das seines Nova Proto NP01 dann perfekt um und ließ in 1:55,599 Minuten die Laufbestzeit notieren. Joseba Iraola, für den die Glasbachrennstrecke ebenso Neuland war wie für Schatz, hatte als Zweitplatzierter bereits 3,5 Sekunden Rückstand. Dem schnellen Mann aus dem Baskenland folgten der Tscheche Petr Trnka, Christian Merli und Patrik Zajelsnik mit weniger als einer Sekunde Abstand.
Im zweiten Lauf reichte Geoffrey Schatz eine Auffahrt in 1:57,226 Minuten zu einer weiteren Bestzeit und damit zum Gesamtsieg beim 26. ADAC-Glasbachrennen. Nach Gesamtsiegen am Rechberg (AUT), in Al Fito (ESP) und in Sternberk (CZE) geht Schatz damit bereits zum vierten Mal in diesem Jahr als Tagessieger vom Platz. Petr Trnka konnte sich im zweiten Wertungslauf auf 1:57,884 Minuten steigern und war damit einen Hauch schneller als Joseba Iraola, der seinen zweiten Platz im Gesamtklassement dennoch knapp verteidigen konnte. Dauersieger Christian Merli musste sich gegen die turbomotorisierte Sportwagen-Konkurrenz mit dem vierten Platz im Gesamtklassement zufrieden geben. Einziger Trost für den sympatischen Italiener war der Sieg in der Gruppe E2-SS für die Single-Seater-Fahrzeuge. Bester Vertreter der deutschen Sportwagen-Elite war der unter slowenischer Flagge startende Freiburger Patrik Zajelsnik, der im zweiten Lauf noch vom Belgier Corentin Starck auf den sechsten Gesamtplatz verdrängt wurde.
Eine starke Leistung zeigte Michael Bodenmüller, der erst in dieser Saison vom angestammten Opel Kadett C Coupé in einen Sportwagen des Typs Norma M20FC LRM wechselte. Beim Glasbachrennen fuhr der 32jährige aus Maierhöfen im Allgäu auf den zehnten Gesamtrang.
Auch bei den Tourenwagen hatten gleich mehrere Sieganwärter ihre Zelte im Fahrerlager von Steinbach aufgeschlagen. Ronnie Bratschi und sein Mitsubishi PS-Monster konnten jedoch aufgrund technischer Probleme nicht mehr zu den Rennläufen antreten. So ließ zunächst Karl Schagerl im VW Golf Rallye TFSI bei seiner Glasbach-Premiere in 2:15,030 Minuten die Tourenwagen-Bestzeit notieren. Ihm folgte mit nur 0,7 Sekunden Rückstand Jörg Weidinger, der den BMW Z4 GT3 von Bernhard Permetinger trotz übermächtiger Konkurrenz in der ihm eigenen Präzision zu einer hervorragenden Zeit trieb. Der dritte im Bunde, Nicolas Werver im Porsche 997 GT3R, verlor bereits vier Sekunden auf die beiden Favoriten.
Im zweiten Lauf sollte sich jedoch das Blatt wenden. Zuerst flog Weidinger in der schnellen Bergauf-Rechtskurve am Wasserhäuschen in die Leitplanken und war damit aus dem Rennen. Nachdem die Aufräumarbeiten beendet waren, wurde dem direkt nach Weidinger gestarteten Karl Schagerl eine Startwiederholung eingeräumt. Doch den Österreicher ereilte ein Defekt an der Benzinzufuhr und plötzlich schlugen Flammen aus dem hochgezüchteten VW Golf mit 842 Turbo-PS. Die Flammen konnten glücklicherweise schnell gelöscht werden und der entstandene Schaden stellte sich als überschaubar heraus. Der Tourenwagen-Sieg fiel jedoch nach den dramatischen Ereignissen an den 55jährigen Elsässer Nicolas Werver, der sich damit nach seinem schweren Unfall bei einer Rallye Ende des vergangenen Jahres wieder ganz oben auf dem Podest zurückmeldete.
Über ein gelungenes Comeback der Berg-Europameisterschaft im Thüringer Wald freute sich auch Schirmherr Christian Danner. Der ehemalige Formel-1- und Indycar-Pilot war vom einzigartigen Flair und Engagement der RSG Altensteiner Oberland sichtlich angetan: „Ein so schönes Motorsport-Wochenende, das habe ich in der Form noch nicht erlebt.“