17 Jahre sind vergangen, seit die letzten Motoren auf der Berliner AVUS verstummten. Und fast stumm sollten sie auch bleiben, denn die Elektro-Boliden der FIA Formel E geben nur ein leises Surren von sich. Für reichlich Spektakel war dennoch gesorgt. Vor allem das erstklassige Fahrerfeld der Meisterschaft zog das Publikum (21.000 Zuschauer) an.
So war es dann auch ex-Formel-1-Star Jarno Trulli, der sich die Pole-Position sicherte. Obwohl er in der ersten der vier Trainingsgruppen zu je fünf Fahrern startete und der Betonbelag der Strecke noch nicht sehr griffig war, drehte der Italiener in 1:21,547 Minuten die schnellste Qualifying-Runde. Den zweiten Platz in der ersten Startreihe nahm Tabellenführer Lucas di Grassi vom deutschen Team ABT Sportsline ein. Der Brasilianer war auf der 2,469 Kilometer langen Strecke nur 62 Tausendstelsekunden schneller als der Meisterschaftsdritte Sebstastien Buemi. Auf dem vierten und fünften Startplatz folgten die beiden Deutschen Nick Heidfeld und Daniel Abt.
In den freien Trainingssitzungen am Samstagvormittag und in den Qualifyings am Mittag wurden die Reifen und die Strecke besonders auf die Probe gestellt. Der Betonbelag des Flugfeld-Areals sorgte für einen hohen Verschleiß der 18-Zoll-Profilreifen, die in der Formel E sowohl im Trockenen, als auch im Nassen gefahren werden. Zudem wickelten sich die aufgeklebten Begrenzungslinien der Rennstrecke um die heißen Reifen und sorgten so für eine Unterbrechung der freien Trainingssitzung.
Training, Qualifying und Rennen an einem Tag bedeuten für Fahrer und Teams einen engen Zeitplan, die Zuschauer bekommen für ein Tagesticket allerdings alles geboten. Die Pausen werden nicht nur genutzt, um die Batterien der Fahrzeuge zu laden (Ladezeit 30-45 Minuten), auf der Strecke präsentierte sich währenddessen neben der Formula Student Electric auch die Formula E School Series, die sogar ein Rennen austrug.
Der Start des DHL Berlin ePrix erfolgte kurz nach 16 Uhr an historischer Stätte. Nicht nur der Tempelhofer Flughafen sorgte dabei für eine geschichtsträchtige und einzigartige Kulisse, Berlin war 1926 auch Schauplatz des ersten Grand Prix von Deutschland, ein Rennen, das ausgerechnet im Jahr des ersten deutschen ePrix nicht stattfinden wird.
Als das Licht der Ampel auf Grün sprang, erwischte der Trainingsschnellste Jarno Trulli zwar den besten Start, musste seine Führung aber schon in Kurve 2 an Lucas di Grassi abgeben. Hinter ihm hatte sich Nick Heidfeld mit einem guten Start auf den dritten Rang nach vorn geschoben. Daniel Abt musste nach einem Dreher im Startgetümmel das Feld von hinten aufrollen. Während der 33 zu fahrenden Runden muss ein Boxenstopp mit einer Mindeststandzeit durchgeführt werden, bei dem die Fahrer jeweils in ihr zweites Fahrzeug steigen. Grund dafür ist die eingeschränkte Batteriekapazität, die sich allerdings in den nächsten Jahren erheblich verbessern soll. Die Mindeststandzeit erwischte Jérôme d´Amrosio am besten. Der belgische ex-Formel-1-Fahrer schob sich mit einem Fahrzeugwechsel in exakt in den vorgeschriebenen 63 Sekunden auf den zweiten Platz nach vorn. Lucas di Grassi hatte zwischenzeitlich einen Vorsprung von über zehn Sekunden auf seine Verfolger herausfahren können, die zu Beginn von Jarno Trulli eingebremst wurden. Der Teambesitzer und Fahrer in Personalunion konnte das hohe Tempo an der Spitze mit der vorgeschriebenen Energiemenge für das Rennen nicht mitgehen. Auch Nick Heidfeld verlor im weiteren Verlauf des Rennens einige Plätze, da er ebenfalls mit der Energiemenge haushalten musste.
Lucas di Grassi überfuhr die Ziellinie schließlich als erster, nachdem er das Rennen seit der ersten Runde souverän angeführt hatte. Über den Heimsieg konnte sich die Abt-Mannschaft aber nur bis zum Abend freuen. Ein verstärkter Frontflügel an di Grassis Wagen wurde als nicht reglementkonform eingestuft und zog die Disqualifikation nach sich. Jérôme D´Ambrosio wurde nachträglich zum Sieger erklärt, Sebastien Buemi rückte auf den zweiten Platz nach vorn. Loic Duval und Nelson Piquet jun. erbten die Plätze drei und vier, nachdem sie sich in der Schlussphase noch an Nick Heidfeld vorbeigeschoben hatten, der schließlich als Fünfter gewertet wurde.
In der Meisterschaft liegt nun Nelson Piquet jun. dank zweier Bonuspunkte für die schnellste Rennrunde nur zwei Punkte vor dem Schweizer Sebsastien Buemi. Mit zehn Punkten Rückstand auf den Meisterschaftsleader liegt Lucas di Grassi nun auf dem dritten Platz, nachdem er in Berlin punktelos blieb. Die Disqualifikation des Abt-Piloten hält somit auch die Meisterschaft spannend, die am 6. Juni in Moskau und am 27./28. Juni mit zwei Rennen in London in die heiße Phase geht.
Der nächste Wettbewerb für Elektrofahrzeuge in Deutschland wird am 27./28. Juni beim Ibergrennen in Heilbad Heiligenstadt ausgetragen.
Höhepunkte des Rennens: