Jedes Jahr wieder gibt es ein Ringen der Motorsportclubs und der Lokalpolitik um die Zukunft des Schleizer Dreiecks und ob diese nun nur mit oder auch ohne ein Fahrsicherheitszentrum, inklusive regelmäßiger Rennstreckentrainings, realisierbar ist. An einem Wochenende im Jahr sind sich jedoch alle Schleizer einig. Wenn die Elite des deutschen Motorrad-Straßenrennsports ihre Zelte am Schleizer Dreieck aufbaut, dann sind die Sorgen um die Zukunft von Deutschlands ältester Naturrennstrecke für drei Tage vergessen.
Auch für die Internationale Deutsche Motorradmeisterschaft (IDM) ist das Rennwochenende in Thüringen eine willkommene Abwechslung zum letzten Lauf auf dem Hungaroring vor menschenleeren Rängen. Bei 35.000 Zuschauern und Starterfeldern mit zahlreichen Gastfahrern kann man sich mit der etwas eingeschränkten Infrastruktur der Naturrennstrecke gut arrangieren.
Als klarer Favorit reiste BMW-Pilot Markus Reiterberger an das Dreieck. Der Bayer hat die erste Saisonhälfte dominiert und Vorjahresmeister Xavi Forés in die Schranken gewiesen. Der Spanier hatte 2014 zwar die Meisterschaft für sich entschieden, am Schleizer Dreieck stand er damals jedoch klar im Schatten seines Teamkollegen Max Neukirchner. Neukirchner wechselte im Winter zum MGM-Yamaha-Team, fehlte jedoch in Schleiz genauso wie Teamkollege Damian Cudlin verletzungsbedingt. Mit Superstock-EM-Pilot Kev Coghlan und Cameron Beaubier aus der Amerikanischen Superbike-Meisterschaft sicherte sich Michael Galinski hochkarätigen Ersatz für seinen Rennstall.
Schon fast erwartungsgemäß sicherte sich Markus Reiterberger dann auch die Pole-Position. Vom Start weg schob sich jedoch Ducati-Pilot Xavi Forés an die Spitze. Im letzten Jahr lernte der Spanier noch den Weg um das schnelle Straßendreieck, diesmal wollte er sich bei diesem speziellen Rennen auch endlich den ersten Sieg holen. Nach ständigen Positionswechseln sollte die Entscheidung schließlich unter der brennenden Mittagssonne in der letzten Schikane fallen. Reiterberger war klug genug nicht alles zu riskieren, hat er doch bereits eine Hand am Meisterschaftspokal. Forés bremste einen Hauch später und gewann damit sein erstes Rennen auf dem Schleizer Dreieck.
Es war kein einfacher Sieg, nur zwei Wochen zuvor verlor Xavi Forés mit Dani Rivas und Bernat Martinez zwei Landsleute und Freunde bei einem Unfall auf der Rennstrecke in Laguna Seca. Leider forderte auch das Rennwochenende in Schleiz am Freitagabend ein Todesopfer. Richard Neumann stürzte im Training der Suzuki Gladius Trophy und wurde von einem nachfolgenden Fahrer getroffen.
Im zweiten Rennen der IDM-Superbike suchte Markus Reiterberger sein Heil in der Flucht. In der zweiten Rennhälfte konnte der Bayer einen Vorsprung auf Xavi Forés herausfahren, der sich diesmal mit dem zweiten Platz begnügen musste. Lorenzo Lanzi steuerte die zweite 3C-Ducati, wie bereits im ersten Lauf, auf den dritten Platz.
Schleiz-Neuling Cameron Beaubier konnte sein Potential nach einem Sturz im ersten Lauf noch nicht ganz zeigen. Im Training hatte der Amerikaner aber bereits mit schnellen Zeiten aufwarten können. An Mut für den Schleizer Straßenkurs sollte es Beaubier, der auch die Steilwandkurven von Daytona nicht scheut und dort 2014 gewann, jedenfalls nicht fehlen. Das zweite Rennen beendete Cameron Beaubier dann auf dem hervorragenden vierten Platz. Weniger Glück hatte Teamkollege Kev Coghlan bei seinem Schleiz-Debüt. Nach Platz acht im ersten Lauf stürzte der Brite in der Anfangsphase des zweiten Rennens am Ende der Start- und Zielgerade schwer. Mit einem gebrochenen Brustwirbel wurde Coghlan in die Universitätsklinik nach Jena gebracht.
IDM Superstock
Die IDM-Superstock wurde in Schleiz durch das Team Triple M by Barni dominiert. Die Gaststarter Onrej Jezek und Marc Moser aus der Superstock-EM konnten mit ihren Ducatis sogar das Tempo der Superbiker mitgehen. Mit Gesamtplatz vier und fünf ging der Sieg jeweils an den Tschechen Jezek. Marc Moser musste nach Platz zwei im ersten Lauf einen Ausfall hinnehmen. Die volle Punktzahl kassierte in beiden Rennen Lukas Trautmann (3./2.), der damit auf Platz drei der Tabelle nach vorn rückt. Unterdessen bleibt der Kampf um die Meisterschaft in der Superstock-Klasse spannend. Roman Stamm (4./3.) machte wertvolle Zähler auf den Gesamtführenden Mathieu Gines (7./7.) gut und liegt nun nur noch einen Punkt hinter dem Franzosen.
IDM Supersport / IDM Supernaked
Das schwach besetzte Feld der Supersport-Motorräder wurde in Schleiz durch einige Gastfahrer erweitert. Nicht zuletzt die beiden Schleizer Thomas Walther und Julian Puffe brachten etwas lokale Würze in das Starterfeld. Marco Nekvasil stieg mit einer Kawasaki in die 600er-Klasse ein und konnte sofort mit Startplatz zwei überzeugen. Im ersten Rennen musste der Österreicher jedoch Jan Bühn den Vortritt lassen. Der Meisterschaftszweite bewegte seine Yamaha vom Team Räth Romero in Schleiz in einer anderen Liga. Für den Gesamtführenden Tatu Lauslehto blieb nur der dritte Platz hinter Nekvasil. Am Sonntag fand Marco Nekvasil noch etwas mehr Speed und schnappte Jan Bühn in der Schlussphase noch den Sieg weg. Auf dem dritten Platz hatte Julian Puffe allen Grund zum Feiern. Der Schleizer, der sonst in der Superstock-600-Europameisterschaft startet, vertrieb sich lediglich die zweimonatige Sommerpause und sammelte neben der Fahrpraxis auch gleich noch einen Pokal ein.
Gleich zwei Premieren gab es in der IDM Supernaked. Der zweimalige Motorrad-Vizeweltmeister Ralf Waldmann stieg mit einer Ducati Monster 821 in diese neue Klasse ein und wird dort bis zum Saisonende an den Start gehen. Den ersten Sieg gab es am Samstag für Udo Reichmann. Der Kesselsdorfer profitierte dabei neben seinen Schleiz-Kenntnissen auch von einem noch nicht zu 100 Prozent genesenen Kjel Karthin. Karthin liegt seinerseits weiterhin mit 35 Punkten Vorsprung an der Spitze der Meisterschaft.
IDM Moto3
Jonas Geitner vom Freudenberg Racing Team fährt auf seiner KTM RC250R weiter dem Titelgewinn entgegen. In Schleiz musste er sich seinen fünften Saisonsieg gegen den Holländer Ernst Dubbink hart erkämpfen. Dubbink fehlten auf der Ziellinie nur 0,731 Sekunden zum Sieg. Der Tscheche Martin Gbelec hatte auf seiner Ariane3 bereits 17 Sekunden Rückstand, konnte aber in der mit nur drei Fahrern besetzten Moto3-Grand-Prix-Klasse den sicheren Podestplatz nach Hause fahren.
Noch spannender ging es in der Moto3-Standard-Klasse zu. Hier musste sich Philipp Freitag den beiden Freudenberg-Piloten Tim Georgi und Matthias Meggle erwehren. Immer wieder wechselten die drei die Positionen. Am Ende hatte Meggle die Nase vorn und gewann sein erstes Moto3-Rennen. Meisterschaftsleader Tim Georgi blieb nur der dritte Platz hinter Philipp Freitag, der mit dem zweiten Platz sein bestes Saisonresultat einfuhr.
IDM Sidecar
Die Gesamtführenden Uwe Gürck und Manfred Wechselberger verzichteten zugunsten der IDM auf den Weltmeisterschaftslauf in Assen. Ihre Verfolger André Kretzer und Jens Lehnertz stürmten zwar vom Start weg auf und davon, bezahlten ihr hohes Anfangstempo jedoch mit einem Überschlag ausgangs der Seng. Damit war der Weg für den Vorjahressieger Josef Sattler frei, der mit Uwe Neubert im Boot über 13 Sekunden auf Gürck/Wechselberger herausfuhr. Andres Nussbaum und Michael Prudlik kamen auf dem dritten Platz ins Ziel.
Das Rahmenprogramm des internationalen Schleizer Dreieckrennens hatte ebenfalls spannende Rennen zu bieten. Im Lauf des Yamaha-R6-Cups ging der Sieg um 0,069 Sekunden an Maurice Ullrich, der sich gegen Manou Antweiler durchsetzen konnte. In der Suzuki GSX-R 750 Challenge gewann Stefan Herwig beide Rennen. Ordentlichen Zweitaktduft gab es bei den Rennen zur IG Königsklasse. Mit Patrick Unger (125ccm), Andreas Götti (250ccm) und Niggi Schmassmann (500ccm) trugen sich alte Bekannte einmal mehr in die Siegerlisten am Schleizer Dreieck ein.