Auf dem Schleizer Dreieck kehrte Markus Reiterberger im vergangenen Jahr in die IDM zurück, 12 Monate später drückte der Bayer bei der 87. Ausgabe des internationalen Schleizer Dreieckrennens der Veranstaltung erneut seinen Stempel auf. „Schleiz ist geil“, so brachte es der dreifache IDM Superbike Meister am Wochenende auf den Punkt, der das Dreieck zu seinen persönlichen Lieblingsstrecken zählt und seit dem Wochenende nun auch dem veranstaltenden Club MSC Schleizer Dreieck angehört. Der Meinung können sich inzwischen auch die IDM-Organisatoren anschließen, die beim Saisonhöhepunkt mehr als 30.000 Rennbesucher zählten. Vor noch nicht allzu langer Zeit war Schleiz noch das ungeliebte „hässlichen Entlein“ im IDM-Kalender, mit geteiltem Fahrerlager, einem viel zu kleinen Pressezentrum und temporären Sanitären Anlagen, von der Streckensicherheit ganz zu schweigen. Doch auch hier hat man inzwischen verstanden, dass Rennsport auch für die Menschen da sein sollte. Im nationalen Motorradrennsport werden die alten geflickten Tribünen auf dem Buchhübel auch in Zukunft zuverlässig mehr Menschen anziehen, als es die monumentale Haupttribüne des Lausitzringes je könnte.
IDM Superbike
Markus Reiterberger auf der BCC-Alpha-Van Zon-BMW gegen Florian Alt mit seiner Wilbers-BMW, das war das zu erwartende Hauptduell des Wochenendes. Reiterberger dominierte schon die Trainings nach Belieben und war der Konkurrenz um nahezu eine Sekunde voraus. Im ersten Lauf ließ der Obinger zu Beginn Alt den Vortritt und studierte seinen Rivalen in aller Ruhe. Als er genug gesehen hatte blies der ehemalige Superbike-WM-Pilot zur Attacke und setzte sich locker ab. Mit 1:24,011 min gelang Reiterberger dazu die schnellste Rennrunde des Wochenendes. Florian Alt konnte nach 18 Rennrunden gemütlich als Zweiter über die Ziellinie rollen, denn er hatte nahezu zehn Sekunden Vorsprung auf die weiteren Verfolger. Lange Zeit hatte Julian Puffe den Podestplatz inne, doch dann schoben sich sein GERT56-BMW-Teamkollege Toni Finsterbusch und Jan Mohr (BCC-Alpha-Van Zon-BMW) am Schleizer vorbei. Bei der achtzehnten und letzten Durchfahrt der gefürchteten Seng kam es dann zum unglücklichen Showdown zwischen Finsterbusch und Mohr. An der schnellsten Stelle des Dreiecks, wo die Motorräder bis zu 250km/h erreichen, berührten sich die Kontrahenten und flogen ab. So erbte der Lokalmatador Julian Puffe den Podestplatz kampflos. Für Mohr, der direkt von der Strecke aufgrund eines Verdachts auf Wirbelsäulenverletzungen mit dem Hubschrauber nach Zwickau abgeflogen wurde, und Toni Finsterbusch endete das Rennen dagegen im Krankenhaus.
Hinter den Niederländern Rob Hartog und Pepijn Bijsterbosch auf den Plätzen vier und fünf sowie dem Polen Kamil Krzemien zeigte Gaststarter Marc-Reiner Schmidt als Siebenter eine beeindruckende Leistung. Der amtierende Supermoto-Weltmeister war in Schleiz als Gaststarter auf einer BMW von Neumann Racing unterwegs und beeindruckte mit schnellen Rundenzeiten und einer fehlerfreien Performance.
Im Zweiten Lauf stürmte zunächst Rob Hartog an die Spitze. Der Aufsteiger aus der IDM-Supersport konnte sich aber nur kurz über die ungestörte Sicht nach vorn freuen. Die drei BMW-Piloten Reiterberger, Alt und Puffe zogen noch an Hartogs Yamaha vorbei und sicherten sich wiederum in dieser Reihenfolge die Podiumsplätze. Diesmal konnte Alt Reiterbergers Tempo länger mithalten, musste den Tabellenführer aber auf dessen erklärter Lieblingsrennstrecke in den finalen Umläufen dann doch um gut 2,5 Sekunden ziehen lassen.
Julian Puffe erkämpfte sich diesmal den dritten Platz, wenn auch in Abwesenheit seiner beiden Konkurrenten aus dem ersten Lauf. Der Schleizer wusste trotz allem mit seinen Freunden und Fans auf dem Buchhübel gebührend zu feiern.
Ex-Superbike-WM- Pilot Leandro Mercado sah die Zielflagge mit seiner Holzhauer-Honda nach einem Ausritt im ersten Rennen diesmal als Sechster
IDM Supersport
Bereits im freien Training am Freitag war das Rennwochenende für Thomas Gradinger beendet. Der Österreicher stürzte in der Seng und brach sich dabei zwei Brustwirbel. So hatte der IDM-Supersport-Meister der Jahre 2018 und 2019 Max Enderlein leichtes Spiel. Eine halbe Sekunde Vorsprung hatte er im Qualifying auf seinen Teamkollegen Jan-Ole Jähnig und den in der bisherigen Saison noch nicht stark in Erscheinung getretenen Twan Smits.
Im Rennen konnte sich Enderlein um fünf Sekunden absetzen, während sich der Niederländer Twan Smits mit dem Belgier Luca de Vleeschauwer um den zweiten Platz duellierte. Am Ende hatte de Vleeschauwer auf der Kawasaki knapp das Vorderrad vor Smits´ Yamaha. Hinter Jähnig und Melvin van der Voort belegte Christoph Beinlich bei seinem Heimrennen den sechsten Platz. Ein Meisterschaftszähler ging für den 15. Platz an Philipp Stich, der als einziger in Schleiz in einer festen Box schraubte. Die „Box“ ist dabei seine eigene Garage, die sich direkt neben dem alten Start- und Zielturm befindet.
Dass Smits und de Vleeschauwer auch schnellere Rundenzeiten als Enderlein können, hatten sie schon im ersten Lauf angedeutet. Im zweiten Rennen hatte der Hohenstein-Ernstthaler Mühe sich vor seinen Verfolgern zu halten. Dicht folgten sie ihm Runde um Runde, doch der routinierte zweifache Meister gab den Sieh nicht mehr aus der Hand. Twan Smits verpasste seinen ersten Sieg nur um 0,163. Dritter wurde Luca de Vleeschauwer.
Der Schleizer Micky Winkler tut sich nach seinem Umstieg aus der IDM Supersport 300 noch schwer und konnte bei seinem Heimrennen mit einem 11. und einem 12. Platz immerhin zwei Zielankünfte in den Punkterängen erreichen.
IDM Supersport 300
In der IDM Supersport 300 geht auch 2022 kein Weg an den schnellen Freudenberg-KTM vorbei. Das Team um Michael und Carsten Freudenberg bot in Schleiz neben den Stammfahrern Walid Khan und Leo Rammerstorfer auch den zweifachen IDM-Meister Lennox Lehmann auf, der 2022 eigentlich fix in der Weltmeisterschaft fährt. Lehmann war es auch, der im Qualifying die Pole-Position herausfuhr. Im ersten Rennen am Samstagnachmittag führte der Dresdner lange Zeit das Feld an. Erst in der letzten Runde konnte Leo Rammerstorfer vorbeischlüpfen und schließlich mit etwas mehr als einer Zehntelsekunde Vorsprung den Sieg einfahren. Der Österreicher hatte erst beim vorangegangenen Lauf in Most seinen Premierensieg in der IDM feiern können, in Schleiz zeigte er, dass er auch vor seinem WM-erfahrenen Teamkollegen keine Scheu hat.
Kawasaki-Pilot Marvin Siebdrath aus Wildenfels folgte ebenso knapp dahinter auf dem dritten Platz. Hinter Walid Khan auf Platz vier kam der Pößnecker Troy Beinlich als Fünfter ins Ziel.
Im zweiten Lauf bestimmte wiederum Lennox Lehmann das Tempo. Nach einem Ausrutscher des zweitplatzierten Walid Khan profitierte Lehmann von einer kleinen Lücke, die sich zu seinen Verfolgern aufgetan hatte. Um die Podestplätze kämpfte Marvin Siebdrath diesmal mit Kawasaki-Markenkollege Mate Szamado, der sich in Schleiz stark präsentierte. In der letzten Runde hatte der Wildenfelser schließlich das bessere Ende für sich und verwies den Ungarn noch auf den dritten Platz. Troy Beinlich konnte sich über den vierten Platz freuen, während Leo Rammerstorfer als Sechstplatzierter wichtige Meisterschaftspunkte verschenkte. Er fährt nun mit drei Zählern Vorsprung auf Marvin Siebdrath als Leader zum nächsten Lauf nach Assen.
IDM Sidecar
Auch wenn sich nur 15 Seitenwagenpaarungen dem Schleizer Dreieck stellten, das Spitzenfeld hatte WM-Niveau. Das bonovo action Team hatte neben den Ex-Weltmeistern Tim Reeves mit Kevin Rousseau, Pekka Päivärinta mit Ilse de Haas und Bennie Streuer mit Kevin Kölsch auch noch die amtierenden IDM-Meister und letztjährigen Schleiz-Sieger Josef Sattler und Luca Schmidt im Aufgebot. Dazu gesellte sich der Weltmeister des vergangenen Jahres Markus Schlosser mit Beifahrer Marcel Fries.
Im Sprintrennen über neun Runden zogen Streuer/Kölsch die Trainingsschnellsten Reeves/Rousseau ab. Reeves führte zunächst das Rennen an und erst in der vorletzten Runde fand Streuer einen Weg am siebenfachen Weltmeister vorbei. Schlosser/Fries wurde Dritte, gefolgt von Sattler/Schmidt. Päivärinta, der verletzungsbedingt lange pausierte, sah das Ziel als Fünfter.
Das Hauptrennen musste nach wenigen Runden wegen eines Überschlags abgebrochen werden. Die Niederländer Vermeule/Bouius blieben bei dem Missgeschick unverletzt. Der Neustart brachte gleich den nächsten Überschlag. Nachwuchspilot Lennard Göttlich und Uwe Neubert hatte es in der ersten Kurve auf´s Dach gelegt, aber auch sie blieben unverletzt.
In den verbleibenden sieben Runden erlaubte sich Tim Reeves diesmal keinen Fehler und hielt Streuer sich hinter sich. Im Anschluss bedankte sich der Brite bei seinem Teamkollegen, denn Bennie Streuer hatte vor dem Start noch einen Defekt an Reeves´ Rad festgestellt und ihn darauf hingewiesen. Der Schaden konnte kurzfristig repariert werden und damit war auch der Sportsgeist am Sonntag unter den Sieger auf dem Schleizer Dreieck.
Yamaha bLU cRU Cup
Auf abtrocknender Strecke drückte am Samstagnachmittag Lucy Michel dem ersten Rennen des Wochenendes ihren Stempel auf. Mit Erfahrung aus der IDM Supersport 300 konnte die 17jährige auf dem schwierigen Geläuf glänzen. Über 16 Sekunden nahm sie ihrem nächsten Verfolger Ronald Beitler ab. Auf trockener Strecke am Sonntag konnte nur Mitja Borgelt das schnelle Tempo von Lucy Michel mitgehen, der sich nach 12 Runden allerdings um etwas weniger als eine Sekunde geschlagen geben musste.
Pro Superstock Cup
Ex-IDM-Superbiker Philipp Gengelbach dominierte die Rennen des Pro Superstock Cups auf dem Schleizer Dreieck. Moritz Jenkner erreichte im ersten Lauf noch hinter Gaststarter Marc Neumann den dritten Platz, in Lauf zwei schied der Hohenstein-Ernstthaler dann mit einem Sturz am Buchhübel aus. Marc Buchner erbte so den zweiten Platz, Marc Neumann wurde Dritter.
Twin Cup
Justin Hänse aus dem nahegelegenen Niederpöllnitz hatte schon im Training fast eine Sekunde auf seine Verfolger herausgefahren und auch im Rennen bissen sich die übrigen Zweizylinder-Fahrer die Zähne an ihm aus. Jan Gerwin konnte sich zweimal den zweiten Platz sichern Felix Kauertz wurde jeweils Dritter.
Im September wird die Twin-Cup-Meute einen weiteren Straßenrennkurs unter die Räder nehmen und erneut auf dem Frohburg antreten.