Mit der FIA WTCC und der FIA GT stand in der Motorsport Arena Oschersleben der Höhepunkt der Saison 2005 an. Die Mischung aus seriennahen Fahrzeugen in der Tourenwagen-Weltmeisterschaft und reinrassigen Sportwagen in der FIA GT zog 41.000 Zuschauer an den Kurs in der Magdeburger Börde. Leider wird es voraussichtlich das vorletzte Mal gewesen sein, dass man dieses Paket an einem Rennwochenende geboten bekommt. Am 18. September werden die Serien nochmals auf dem Istanbul-Speed-Park zu erleben sein, bevor sie getrennte Wege gehen.
Langsam geht das Rennen um den Titel in die heiße Phase. Besonders in der WTCC wird in der Endphase der Meisterschaft um jeden Punkt gekämpft. An der Spitze der Meisterschaft liegt der Deutsche Dirk Müller auf BMW mit 61 Punkten. Es folgt der Italiener Fabrizio Giovanardi (57 Punkte), der nach einem Intermezzo mit BMW in dieser Saison wieder für Alfa Romeo an den Start geht. Auch der amtierende Europameister Andy Priaulx (GBR/BMW) dürfte sich mit 50 Meisterschaftszählern noch Titelchancen ausrechnen. Bei den Meisterschaftsläufen 13 und 14 haben die BMW-Piloten die Möglichkeit ihre Position im Rennen um den WM-Titel zu stärken, denn die Strecke von Oschersleben bringt den heckgetriebenen Fahrzeugen einen Vorteil.
Seinen ersten Start erlebte der neue Seat Leon. Im Seat-Werksteam war der Spanier Jordi Gené der Erste, der mit dem neu entwickelten Fahrzeug fuhr. Ab dem Rennwochenende in Valencia sollen dann auch seine Teamkollegen Rickard Rydell (SWE) und Peter Terting (GER) auf diesem Modell unterwegs sein. Aber die Tourenwagen-Weltmeisterschaft ging beim 7. Rennwochenende auch mit einigen anderen Neuerungen an den Start. So startete zum Beispiel der Franzose Eric Hélary zum ersten Mal für Peugeot Dänemark auf einem Peugeot 407. Erst bei den letzten Läufen in Spa hatte man dieses Auto das erste Mal eingesetzt. Hélary, der die Motorsport Arena noch aus seiner Zeit bei Opel in der STW und DTM kennt, wechselt sich mit seinem Teamkollegen Soheil Ayari (FRA) bei den Renneinsätzen ab. Ein weiterer Neueinsteiger ist der Monegasse Stéphane Ortelli. Er fuhr für das französische Oreca Team, für das er schon in der FIA GT unterwegs war, einen Seat Toledo.
In den ersten Trainings gab es eine Überraschung. Die Überraschung hieß Ford, genauer Michael Funke, der im freien Training am Samstag die beste Rundenzeit in den Asphalt brannte. Im Qualifying erzielte er den 16. Rang. Mit 1:32,717 reichte es für seinen Teamkollegen Thomas Klenke sogar für den 10. Startplatz. BMW-Fahrer Jörg Müller war der Schnellste im Qualifying der Tourenwagen. Allerdings wurde der Deutsche aufgrund einer Strafe vom letzten Lauf im belgischen Spa-Francorchamps 10 Startplätze zurückgestuft. Auf der Pole-Position für den ersten Lauf stand somit der Brite James Thompson auf Alfa Romeo.
Thompson nutzte die gute Ausgangsposition für den ersten Lauf und setzte sich nach dem Start an die Spitze. Ihm folgten zunächst Priaulx, Farfus (BRA/Alfa Romeo), Tarquini (ITA/Alfa Romeo) und Dirk Müller. Fabrizio Giovanardi verlor schon in der ersten Runde alle Hoffnungen auf eine Platzierung in den Punkterängen. Er wurde von BMW-Privatfahrer Stefano D´Aste gedreht. Dirk Müller zeigte trotz 30 Kilogramm Platzierungsgewicht ein gutes Rennen. Von der achten Position gestartet, wurde er durch einen Fehler von Tarquini und einer Drive-Through-Penalty für Thompson nach vorn gespült. Schließlich gelang es ihm auch Augusto Farfus in einen Fehler zu treiben, doch Rickard Rydell (SWE/Seat) nutzte die Chance sich an Position zwei zu setzen. Auch der Trainingsschnellste Jörg Müller war nach seiner Aufholjagd bereits auf dem dritten Platz angelangt. An der Spitze des Rennens nutzte Andy Priaulx die Positionskämpfe und konnte sich vom Rest des Feldes absetzen. Er verteidigte diesen Vorsprung bis zum Ziel des 14-Runden-Rennens. Rickard Rydell hielt seine zweite Position vor dem Schnitzer-Duo. Ex-DTM-Pilot Peter Terting folgte als Fünfter, Stéphane Ortelli konnte bei seinem ersten WTCC-Rennen mit einem sechsten Platz glänzen. Als Siebenter folgte Jordi Gené, der dem Seat Leon beim Debüt die ersten Punkte bescherte. Für Thomas Klenke im Ford Focus gab es beim Heimrennen zwar keine Punkte, aber mit einem zehnten Platz hatte man das Ziel unter die Top 10 zu kommen erreicht.
Zum Start des zweiten Laufs stand der Italiener Alessandro Zanardi auf der Pole Position. Dank Heckantrieb erwischte der BMW-Pilot einen guten Start und übernahm die Führung. Hinter ihm bildete sich eine Gruppe in der neben dem Schnitzer-Duo und Titelverteidiger Priaulx auch Jordi Gené im neuen Seat Leon unterwegs war. Mit Augusto Farfus war nur ein Alfa Romeo im Kampf um die Spitze vertreten. Fabrizio Giovanardi nahm sich im zweiten Lauf alle Chancen auf mögliche WM-Punkte selbst, indem er seinen Wagen in den Reifenstapeln versenkte. Im Kampf um die letzten Punkte bis Position 8 setzte sich Thomas Klenke souverän auf dem siebten Platz fest. Leider musste er einen Boxenstopp einlegen und verlor damit das beste Resultat der Saison, das bereits in greifbarer Nähe war. Dafür sorgte Zananrdi für die Sensation des Rennens. Einem Unfall am EuroSpeedway Lausitz 2001 überlebte er mit Glück und ist seitdem auf zwei Beinprothesen angewiesen. Im Kampf gegen Jörg Müller und Andy Priaulx konnte man ihm sein Handikap jedoch nicht anmerken. In einem harten aber fairen Fight verwies er Priaulx und Müller auf die Plätze zwei und drei. Es war sein erster Sieg seit seinem Neueinstieg in den Motorsport. Seit 2003 ist der sympathische Rennfahrer mit einem eigens für ihn umgebauten BMW in der ETCC und nun in der WTCC am Start. Jörg Müller zog ein positives Fazit. „Die Rennen haben gezeigt, dass auch fairer Motorsport spektakulär sein kann.“ Eine Anspielung auf die Geschehnisse in Spa.
Das 3-Stunden-Rennen der FIA-GT gewann das italienische Duo Fabio Babini/Thomas Biagi. Nachdem ihre Teamkollegen Michael Bartels/Timo Scheider ihren Maserati MC 12 mit Elektronikproblemen abstellen mussten, war für Babini/Biagi der Weg zum Sieg frei. Die Corvette C5R von Hezemans/Kumpen/Longin war bereits zuvor durch eine missglückte Überrundung zurückgefallen und landete am Ende noch auf dem dritten Platz. Position zwei sicherten sich Andrea Bertolini/Karl Wendlinger in einem von Maserati MC 12 des JMB-Teams.
In der GT2-Wertung sicherten Emmanuel Collard/Tim Sugden auf Platz eins und Marc Lieb/Mike Rockenfeller Platz zwei den Doppelsieg und damit die Meisterschaft für das britische Team GruppeM Racing.